Halle (Saale):Opfergrube mit Beigaben am Grab der Schamanin entdeckt

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Ein Restaurator arbeitet an Fragmenten einer Maske aus Hirschgeweih. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa/Archivbild)

Archäologen haben eine Opfergrube mit zwei Masken aus Hirschgeweih am rund 9000 Jahre alten Grab der Schamanin in Bad Dürrenberg (Saalekreis) entdeckt. "Die...

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Halle (dpa/sa) - Archäologen haben eine Opfergrube mit zwei Masken aus Hirschgeweih am rund 9000 Jahre alten Grab der Schamanin in Bad Dürrenberg (Saalekreis) entdeckt. „Die Eintiefung wurde rund 600 Jahre nach dem Tod der Frau angelegt und mit den wertvollen Masken gefüllt“, sagte Landesarchäologe Harald Meller der Deutschen Presse-Agentur. „Der wichtige Neufund wurde im Block geborgen und in den Werkstätten des Landesmuseums unter Laborbedingungen untersucht.“.

Schamanen versetzen sich auf verschiedene Weisen in Trance - sie wollen so in den Kontakt mit Geistern treten, um anderen Menschen zu helfen oder zu heilen. In Sibirien nutzen sie dafür vor allem die Trommel, in Südamerika setzen sie auf bewusstseinserweiternde Substanzen.

Ähnliche Masken aus dieser Zeit sind in kleiner Zahl von verschiedenen Fundstellen des nördlichen Mittel- und Westeuropas bekannt, beispielsweise aus dem englischen Star Carr. „Es gibt jedoch einen bedeutenden Unterschied, die anderen Masken stammen nicht aus Gräbern, sie lassen sich nicht bestimmten Personen zuordnen“, sagte Meller. „Die Masken aus Bad Dürrenberg sind mit der Bestattung einer bedeutenden Frau verbunden. Offenbar so bedeutend, dass man an ihrem Grab noch Jahrhunderte nach ihrem Tod wertvolle Gaben niederlegte.“

Vor etwa 8350 Jahren verschlechterte sich das Klima innerhalb weniger Jahre. Die jährliche Durchschnittstemperatur sank um zwei bis drei Grad. „Denkbar ist, dass man das Grab der Schamanin in dieser Situation in der Hoffnung auf Hilfe aufsuchte und die Masken deponierte“, sagte der Landesarchäologe. „Wir haben es mit einem in Europa einmaligen Befund zu tun, der viel über die Menschen der Mittelsteinzeit verrät. Die Untersuchungen an den Funden von Bad Dürrenberg sind noch nicht abgeschlossen, und weitere Erkenntnisse sind zu erwarten.“

Die etwa 30- bis 35-jährige Schamanin wurde vor etwa 9000 Jahren sitzend begraben. In ihren Armen hielt sie ein etwa sechs Monate altes Kind. Ein Kopfschmuck aus Rehgeweih und Tierzahngehänge zeigen die besondere Stellung der Toten als spirituelle Anführerin ihrer Gruppe. Das Grab wurde 1934 zufällig bei Kanalarbeiten kurz vor der Eröffnung des Kurparks entdeckt. Da die ursprüngliche Ausgrabung nur durch einen schmalen Graben erfolgt war, blieben Teile der mit Rötel durchsetzten Grabgrube unangetastet.

Zahlreiche 1934 übersehene Funde konnten bei Nachgrabungen ab 2019 geborgen werden. Darunter sind Feuersteinwerkzeuge, Knochen, Panzerfragmente von Sumpfschildkröten sowie durchlochte Tierzähne. Zudem fanden sich weitere Skelettteile der Schamanin sowie Knochen des Säuglings. Ebenso konnten die Archäologen eine für diese Zeit völlig ungewöhnliche Grabkonstruktion nachweisen - eine Grube, die mit Lehm und Flechtwerk ausgekleidet war. Wände und Boden der Grube bedeckte eine dicke Schicht Rötel, ein rotes Farbpulver.

Die Schamanin von Bad Dürrenberg wird ab Oktober wieder in der Dauerausstellung des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle (Saale) zu sehen sein.

© dpa-infocom, dpa:220916-99-782075/2

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