Erneuerbare Energien:Speicher voll

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2020 sollen erneuerbare Energien 35 Prozent des Stromverbrauchs decken. Bessere Netze allein reichen dann nicht mehr aus; neue Speicher müssen geschaffen werden. Bislang jedoch sind alle bekannten Technologien noch nicht ausgereift, um über längere Zeit Blackouts zu verhindern.

Marlene Weiss

Drei Tage lang Freibadwetter, fast überall in Deutschland: Das lange Pfingstwochenende war für viele erfreulich, besonders für die Besitzer von Solaranlagen. Nach Daten der Leipziger Strombörse EEX lieferten diese sowohl am Freitag- wie auch am Samstagmittag bis zu 22 Gigawatt - ein Rekord, so viel wie 15 bis 20 Atomkraftwerke.

Pumpspeicherwerke brauchen Platz: Das Werk Goldisthal in Thüringen hat ein Fassungsvermögen von zwölf Millionen Kubikmeter Wasser (Archivbild vom 03.09.2003). (Foto: dpa)

Doch auch der sonnigste Nachmittag hat ein Ende. Bis 17 Uhr schmolz die Solarleistung an beiden Tagen auf die Hälfte zusammen, und konventionelle Kraftwerke übernahmen. Aber was geschieht 2020, wenn Erneuerbare 35 Prozent des Stromverbrauchs decken sollen - oder 2050, wenn es 80 Prozent sein sollen? Dann reichen bessere Netze nicht aus. Bald müssen auch mehr Speicher da sein als heute - viel mehr.

Leider kann man Strom nicht speichern; er muss in andere Energieformen umgewandelt werden. Da gibt es mehrere Möglichkeiten, perfekt ist keine. Pumpspeicherkraftwerke etwa, bei denen Wasser elektrisch hochgepumpt wird, das später beim Ablassen Turbinen antreibt. Der Vorteil der Technologie ist der hohe Wirkungsgrad: Etwa 80 Prozent der eingespeisten Energie kommt wieder heraus, das ist viel. Aber die Kraftwerke brauchen Platz und Gefälle. Die deutschen Pumpspeicher können maximal 40 Gigawattstunden Energie speichern - diese Energiemenge wird hierzulande in etwa einer halben Stunde verbraucht; ganz abgesehen davon, dass die Pumpspeicher nicht alles auf einmal abgeben können.

Mehr Kapazität gäbe es in Österreich und Norwegen, aber erst einmal müssten leistungsfähige Stromleitungen dorthin gelegt werden - bei Norwegen geht das nicht vor 2018, und auch dann kann nicht ganz Deutschland versorgt werden. Hinzu kommen Bedenken, ob man sich so vom Ausland abhängig machen möchte, falls ein solcher Deal überhaupt zustande kommt.

Eine weitere Möglichkeit ist Druckluftspeicherung: Dabei wird elektrische Energie genutzt, um Luft zusammenzupressen. Wird wieder Strom gebraucht, treibt die Druckluft eine Gasturbine an. Das lohnt sich aber erst dann richtig, wenn auch die beim Komprimieren entstehende Wärme gespeichert wird. Im Projekt "Adele" arbeiten der Energiekonzern RWE, das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum DLR und weitere Partner daran, eine Demonstrationsanlage wird jedoch frühestens in einigen Jahren in Betrieb gehen.

Alleine werden Pump- und Druckluftspeicher das Problem aber nie lösen - auch andere Speichertypen sind gefragt. "Man kann auch auf kleiner Ebene kurzfristig viel erreichen", sagt Christine Krüger vom Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie. Etwa, indem man Wärmepumpen und Blockheizkraftwerke zusammenschließt: Der Energiekonzern Vattenfall beispielsweise hat mehr als 100.000 mit solchen Installationen ausgerüstete Haushalte zu einem virtuellen Kraftwerk vernetzt. Ist viel Windstrom da, nutzen ihn Wärmepumpen für Heizung und Warmwasser - bei Windstille springen die Blockheizkraftwerke an und speisen Strom ins Netz.

Aber all diese Technologien können nur über Stunden oder Tage Schwankungen in der Stromproduktion ausgleichen; ähnlich wie die Batterien künftiger Elektroauto-Flotten. Wenn jedoch etwa im Winter kaum die Sonne scheint, muss der Windstrom aus drei stürmischen Wochen an der Nordsee unter Umständen über Monate verteilt werden. "Bei kurzfristigen Speichern gibt es ein breites Spektrum, aber wenn länger Energie gespeichert werden soll, wird das Angebot sehr dünn", sagt Krüger.

Dann bleibt eigentlich nur die Möglichkeit, mit dem überschüssigen Windstrom aus Wasser Wasserstoff abzuspalten. Den kann man, direkt oder in Methan umgewandelt, im Erdgasnetz fast unbegrenzt speichern, wenn auch mit schwachem Wirkungsgrad. Audi lässt derzeit eine Pilotanlage an der Nordsee bauen, um mit dem Windgas Autos anzutreiben.

Bislang scheitern Stromspeicher jedoch auch an politischen Hürden, und am Geld. Wer Strom speichert, verdient an Preisdifferenzen - indem er etwa mit billigem Nachtstrom Wasser emporpumpt und seinen Turbinenstrom mittags teuer verkauft. Aber je mehr Solaranlagen installiert sind, desto weniger teurer Spitzenstrom wird mittags gebraucht; neue Speicher lohnen sich kaum noch. Früher oder später müssen neue Märkte oder Subventionen her - fragt sich nur, welche.

© SZ vom 30.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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