Zwischen den Zahlen:Die Schuldenuhr

Lesezeit: 1 min

Wer die öffentliche Debatte prägen will, sucht sich am besten Symbole. Leider klappt das nicht immer, wie das Beispiel Steuerzahlerbund zeigt.

Von Marc Beise

Es gab Zeiten, in denen sich die Menschen über wachsende Schulden wirklich aufgeregt haben. Das ist schon länger her. In New York beispielsweise brachte es ab 1989 eine sogenannte Schuldenuhr (amerikanisch: National Debt Clock) an der Kreuzung 42. Straße/Avenue of the Americans zu einer gewissen Berühmtheit. Die hatte der Immobilien-Unternehmer Seymour Durst installiert, den die unter dem Präsidenten Ronald Reagan dramatisch angestiegene US-Staatsverschuldung heftig wurmte. Bereits 1995 hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) die Idee an seinem damaligen Sitz in Wiesbaden kopiert. Damals interessierte sich Deutschland für Schulden und für den Steuerzahlerbund. Obwohl ein privater Verein mit eher undurchsichtigen Strukturen, hatte er Einfluss auf die Steuer- und Finanzdebatte. Schwellensprünge der Schuldenuhr wurden beachtet und berichtet, und das Renommierprojekt des Vereins, das jährliche "Schwarzbuch" der Steuerverschwendung medial groß reportiert.

Heute gibt es zwar am Eingang der aktuellen Zentrale des BdSt in der Französischen Straße in Berlin eine recht schicke neue Schuldenuhr, auch Ableger in anderen Lokalitäten von Hannover bis München - trotzdem schert sich eigentlich niemand mehr so richtig um diese schnell klickenden digitalen Anzeiger, wie auch das "Schwarzbuch" immer weniger Aufmerksamkeit findet, vom jährlich neu errechneten "Steuerzahlergedenktag" ganz zu schweigen, bis zu dem der durchschnittliche Steuerzahler nur für die Steuern und Abgaben gearbeitet hat, rein rechnerisch, versteht sich.

Rein rechnerisch - das ist auch das Problem mit all diesen Symbolen. Denn sie sind immer ein Stück weit willkürlich und decken nur einen Teil des komplexen Themas ab. Es gibt gute Gründe, sich für einen schnelleren Abbau der Staatsverschuldung stark zu machen, doch es ist, sorry, nicht der Steuerzahlerbund mit seiner umstrittenen Methodik, auf dessen Expertise das Land wartet. Wenn der BdSt jetzt auf die seit längerem rückläufige Staatsverschuldung, die wieder unter der Zwei-Billionen-Schwelle liegt, reagiert und seine Uhr ab dem 1. Januar 2018 erstmals rückwärts laufen lässt, passt das, wird aber wohl nicht groß beachtet werden. Obwohl das Thema "Wie viele Schulden können wir uns wann wie leisten?" durchaus eine gründlichere Erörterung wert wäre.

© SZ vom 23.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: