Abwicklung:Zurich trennt sich von Lebenspolicen

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Der Schweizer Versicherer Zurich hat keine Lust mehr auf klassischen Lebensversicherungen mit Garantiezins und gibt rund 720 000 Policen an den Abwickler Viridium ab.

Von Friederike Krieger, Köln

Erneut hat sich ein Lebensversicherer entschieden, seine klassischen Policen mit Garantiezins an einen externen Abwickler zu verkaufen: Nachdem der italienische Versicherer Generali 2019 rund 4,2 Millionen Verträge an den Spezialisten Viridium übertragen hatte, trennt sich nun der Schweizer Versicherer Zurich von 720 000 traditionellen Verträgen seiner deutschen Tochtergesellschaft Zurich Deutscher Herold. Käufer ist ebenfalls Viridium. Für Kunden soll sich nichts ändern, beteuern beide Unternehmen.

Viele Lebensversicherer wollen die klassischen Policen in ihren Büchern am liebsten loswerden. Sie haben Kunden in früheren Jahren hohe Zinsversprechen von zum Teil vier Prozent gegeben, verdienen aber am Kapitalmarkt deutlich weniger. Sie müssen viel zusätzliches Kapital zur Deckung dieser Zinsversprechen vorhalten.

Im Neugeschäft haben sich die meisten Anbieter von diesen Verträgen längst verabschiedet. Sie setzen auf Fondspolicen, bei denen der Kunde das Risiko fallender Kurse trägt, und auf Verträge mit abgespeckten Garantien. So ist es auch bei der Zurich, nach eigenen Angaben zweitgrößter Anbieter von Fondspolicen in Deutschland. Daran ändern die zurzeit steigenden Zinsen auch nichts, betont Zurich-Deutschlandchef Carsten Schildknecht. "Wir erwarten keine kurzfristige Wiederbelebung der Attraktivität der klassischen Lebensversicherung", sagte er. "Es führt kein Weg vorbei an fondsgebundenen Policen, sie bieten den besten Inflationsschutz."

Zudem kann sich die Zurich durch den Deal mit Viridium von IT-Altlasten entledigen. Die traditionellen Verträge laufen auf insgesamt drei betagten IT-Systemen, die der Versicherer mühsam auf sein aktuelles Leben-System hätte umziehen müssen. Das übernimmt jetzt Viridium. Die Migration der Policen auf das System des Abwicklers wird rund drei Jahre in Anspruch nehmen - und kostspielig werden. Der Umzug der Generali-Verträge hatte rund 250 Millionen Euro gekostet.

Für die Kunden soll sich nichts ändern. "Die Versicherungsnehmer können sich darauf verlassen, dass wir uns vollständig darauf konzentrieren, ihre Verträge dauerhaft zu erfüllen und dass sie dabei von den finanziellen und operativen Vorteilen unseres Geschäftsmodells profitieren", sagte Viridium-Chef Tilo Dresig. Abwickler versprechen ein effizienteres Management der Verträge.

Verbraucherschützer sind skeptisch. Sie fürchten, dass die Kunden schlechter behandelt werden - und ihre Überschussbeteiligung sinkt. Viridium betont, dass sich bei der übernommenen Generali Leben, die jetzt Proxalto heißt, die Überschüsse im Drei-Jahres-Durchschnitt vor und nach dem Erwerb um 71 Prozent erhöht hätten.

Allerdings wies Proxalto im vergangenen Jahr die höchste Quote an Kundenbeschwerden aller deutschen Lebensversicherer auf. Das Unternehmen spricht von einem "temporären, leider nicht vermeidbaren Effekt", der vor allem dem Riesen-Projekt der Übertragung von Generali-Daten geschuldet gewesen sei. Im kommenden Jahr werden sich die Zahlen wieder normalisieren, verspricht Viridium-Chef Dresig.

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