Für den Mode-Onlinehändler Zalando ist das Jahr 2021 so etwas wie ein Neuanfang. Der langjährige Großaktionär Kinnevik aus Schweden zieht sich zurück; Rubin Ritter, einer und vielleicht der wichtigste der drei Co-Chefs, verabschiedet sich und das Unternehmen befindet sich auch aufgrund der Corona-Pandemie auf einem vor kurzem noch unvorstellbarem Höhenflug. Die entscheidende Frage, die auch die Bilanzpressekonferenz am Dienstag unterschwellig durchzog, lautet jetzt: Was muss das Unternehmen tun, damit der Höhenflug möglichst lange anhält?
Zalandos Antwort: Wachsen, wachsen, wachsen. Der Wert aller von Zalando verkauften Waren, das Bruttowarenvolumen, soll von zuletzt 10,7 Milliarden Euro auf mehr als 30 Milliarden Euro im Jahr 2025 steigen. Langfristig will das Unternehmen zehn Prozent des Modemarktes in Europa abdecken, dessen Volumen es auf 450 Milliarden Euro taxiert. Zalando kündigte zum wiederholten Mal an, zur ersten Anlaufstation für Menschen in Europa werden zu wollen, die im Internet nach Bekleidung suchen, also zur ersten Mode-Plattform - so wie Spotify die erste Musik-Plattform und Google die erste Suchmaschine sei.
Die ehrgeizigen Pläne kamen an der Börse erst einmal gut an. Die Aktie legte zeitweise um mehr als vier Prozent zu, nachdem der Kurs zuletzt nach der Bekanntgabe des Kinnevik-Rückzugs nachgegeben hatte. Gestützt wurde der Aufwärtstrend von den guten Zahlen im ersten Corona-Jahr. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, auf die das Unternehmen mit einem Sparprogramm reagiert hatte, erhöhte sich das Nettoergebnis 2020 um mehr als das Doppelte auf etwa 226 Millionen Euro - auch dank einer gesunkenen Retourenquote. Die Erlöse stiegen um 23 Prozent auf etwa acht Milliarden Euro, wozu der Kosmetikbereich verstärkt beiträgt. Zur angeblich geplanten Übernahme der Online-Kosmetik-Tochter Flaconi von ProSiebenSat.1 wollte sich Co-Chef David Schneider nicht äußern. Dividenden zahlt Zalando nicht.
Die Expansion in weitere europäische Länder soll das Wachstum beflügeln. Der Ausbau der Kooperationen mit stationären Händlern wie zuletzt C&A soll weiter vorangetrieben werden. Für die Online-Dienstleistungen auf der Plattform Connected Retail will Zalando künftig Gebühren erheben, ohne einen Zeitpunkt zu nennen. Mehr Nachhaltigkeit in Produktion, Transport und Verpackung soll nicht im Widerspruch zu den Wachstumszielen stehen.
Erstmals zieht mit Astrid Arndt Anfang April eine Frau in den fünfköpfigen Vorstand ein. Arndt war schon zuvor Personalchefin und soll sich auch weiterhin vor allem um Personalfragen kümmern. Wegen der Mitarbeiter-Überwachungssoftware Zonar und des bislang rein männlichen Vorstands war Zalando in die Kritik geraten.