Wirtschaftsweiser Franz:Arbeitslosengeld länger auszahlen

Lesezeit: 2 min

Der Chef der Wirtschaftsweisen Franz regt an, in Krisenzeiten Erwerbslosen das Arbeitslosengeld I länger zu zahlen - geknüpft an bestimmte Auflagen.

Der Chef der sogenannten Wirtschaftsweisen hat sich für eine längere Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes in wirtschaftlich schlechten Zeiten ausgesprochen. "Das reguläre Arbeitslosengeld könnte während der Rezession nicht zwölf, sondern einige Monate länger ausgezahlt werden", sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates der Bundesregierung, Wolfgang Franz, der Wirtschaftswoche.

Wolfgang Franz fordert: "Mehr als zwölf Monate reguläres Arbeitslosengeld". (Foto: Foto: dpa)

Im Aufschwung müsste diese Lockerung aber wieder zurückgenommen werden, "und zwar auf ein niedrigeres Niveau als jetzt", sagte der Ökonom. Der Arbeitsmarkt brauche atmende Systeme, um passgenau auf die jeweilige konjunkturelle Lage reagieren zu können.

Solche Regelungen müssten aber an objektive Kriterien wie die Zahl der Arbeitslosen und offenen Stellen gekoppelt werden, da ansonsten politischer Willkür Tür und Tor geöffnet werde.

Franz erwartet, dass die Zahl der Arbeitslosen um die Jahreswende die Vier-Millionen-Marke übersteigen wird. Er hoffe aber, "dass wir im nächsten Jahr unter der Fünf-Millionen-Marke bleiben". Im Jahresdurchschnitt rechne er mit 4,6 Millionen Arbeitslosen.

Der Wirtschaftsweise warnte trotz der immensen Kosten für steigende Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit davor, jetzt in der Krise den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung wieder zu erhöhen. "Das wäre konjunkturpolitisches Gift", sagte Franz.

Der Sachverständigenrat habe seinerzeit davon abgeraten, den Beitrag in der Hochkonjunktur zu sehr abzusenken. "Das konnte nicht gutgehen", sagte er mit Blick auf die Finanzlage der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Wirtschaftsweiser Wiegard für Steuererhöhung

Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung war zum Jahresbeginn von 3,3 Prozent auf 2,8 Prozent gesenkt worden. Die für Juli 2010 geplante Anhebung des Satzes auf 3,0 Prozent hat die Regierung im Rahmen ihrer Konjunkturprogramme zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise auf Ende 2010 verschoben.

Angesichts der Mehrausgaben vor allem für die Kurzarbeit geht die BA davon aus, dass ihre Finanzreserven von 16,7 Milliarden Euro bereits Ende dieses Jahres bis auf wenige hundert Millionen Euro aufgezehrt sein werden. Im kommenden Jahr wird die BA bei nach eigenen Berechnungen Schulden von nahezu 22 Milliarden Euro auftürmen.

Franz' Kollege Wolfgang Wiegard sorgt derweil mit einem anderen Vorschlag für Aufsehen: Angesichts der massiven Haushaltsprobleme schlägt der Wirtschaftsweise eine Mehrwertsteuererhöhung um mindestens zwei Prozentpunkte vor.

"Ein Mehrwertsteuerpunkt bringt circa 8,5 Milliarden Euro. Bei einer strukturellen Defizitquote von zwei bis 2,5 Prozent, also rund 45 Milliarden Euro, ist eine Rückführung der Neuverschuldung unter zwei Punkten Mehrwertsteueranhebung nicht zu schaffen", sagte Wiegard der Wirtschaftszeitung Euro am Sonntag.

Wenn man eine Steuer erhöhen wolle, die möglichst wenig wachstumshemmende Effekte habe, komme man sofort auf die Mehrwertsteuer, begründete er seinen Vorschlag. "Sie belastet die Investitionen nicht, und da es sich um eine Konsumsteuer handelt, belastet sie auch die Ersparnisse nicht."

© dpa/Reuters/AP/odg/luw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: