Wirtschaft kompakt:Rückruf reloaded

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Schon wieder droht Unfallgefahr bei Toyota. Außerdem: Die Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen bringt wohl viele Milliarden Euro und Siemens-Manager wurden verteilt.

Wegen Kippgefahr in engen Kurven lässt Toyota weltweit rund 34.000 Geländewagen in die Werkstätten zurückrufen. Toyota will das elektronische Stabilitätsprogramm aktualisieren, um das Risiko, dass die Fahrzeuge in Extremsituationen ausbrechen, zu verringern.

Nicht sicher in der Kurve: Der japanische Autohersteller Toyota ruft den Geländewagen GX 460 zurück in die Werkstätten. (Foto: Foto: AP)

Betroffen sind der in Deutschland nicht verkaufte Lexus GX 460 sowie bestimmte Versionen des Land Cruiser Prado. Die Ankündigung folgt weniger als eine Woche nach der Warnung des einflussreichen US-Verbrauchermagazins Consumer Reports vor problematischen Fahreigenschaften des vor allem in den USA verkauften Lexus.

Der Vorgang erinnert an den berühmt gewordenen "Elchtest" im Jahr 1997, als schwedische Testfahrer einen Mercedes der damals neuen A-Klasse mit scharfen Lenkbewegungen zum Umkippen brachten. Sie hatten das Ausweichen vor einem Elch simuliert. Bei dem Toyota-Test wurde der Wagen schnell in eine enge Kurve gefahren, dann wurde plötzlich Gas weggenommen, der Wagen brach aus.

Toyota erhielt damit erneut einen tiefen Kratzer in seinem einstmals makellosen Qualitätsimage. Wegen klemmender Gaspedale, unter Pedale rutschender Fußmatten und Problemen mit der Bremsregulierung bei den hochmodernen Hybrid-Baureihen musste der führende japanische Autohersteller inzwischen rund acht Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten rufen.

Erst am Montag hatte die US-Regierung mitgeteilt, Toyota habe sich bereiterklärt, eine wegen verfehlter Informationspolitik über seine Pannenserie verhängte Rekordstrafe von 16,4 Millionen Dollar (12,1 Millionen Euro) zu zahlen.

Den Angaben von Toyota zufolge sind von dem jüngsten Rückruf des Lexus GX 460 insgesamt etwa 13.000 Fahrzeuge betroffen, davon rund 9400 Fahrzeuge in den USA sowie jeweils 1000 Autos in Russland und in Oman. Bei den Land Cruiser Prado geht es um insgesamt 21.000 Autos, darunter 4400 in Oman, 4000 in Russland und 1500 in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Milliarden für Mobilfunkfrequenzen

Die derzeit laufende Versteigerung neuer Mobilfunkfrequenzen dürfte dem Staat Berechnungen von Wirtschaftsprüfern zufolge sechs bis acht Milliarden Euro einbringen. Dies habe eine Modellrechnung ergeben, teilte die Gesellschaft mit.

Zugrunde gelegt wurden der Berechnung demnach die Daten vergleichbarer Frequenzauktionen in Westeuropa und den USA in den vergangenen zehn Jahren. Damit dürfte deutlich weniger Geld zusammen kommen als bei der Versteigerung der UMTS-Frequenzen im Jahr 2000: Damals hatte der Staat rund 50 Milliarden Euro eingenommen.

Der Milliardenpoker um die neuen Mobilfunkfrequenzen hatte vor gut einer Woche begonnen. Im Angebot sind Frequenzen für die Mobilfunktechnik der vierten Generation (4G), die deutlich schnelleres Internet als bisherige Festnetz- und Mobilfunkanschlüsse bieten soll. Am Dienstag hatten die vier Bewerber T-Mobile, Vodafone, O2 und E-Plus nach der 52. Auktionsrunde insgesamt gut 350 Millionen Euro für die Frequenzen geboten.

Die Auktion dürfte somit noch länger dauern; sie endet erst dann, wenn auf keinen angebotenen Frequenzblock mehr neue Angebote abgegeben werden. Die höchsten Gebote gaben die Unternehmen bislang für die Frequenzen der sogenannten digitalen Dividende ab, die durch die Umstellung des Antennenfernsehens auf digitale Technik freigeworden ist.

Diese Wellenlänge eignet sich besonders gut, um weiße Flecken auf dem Land mit schnellem Internet zu versorgen. Für diese Frequenzblöcke boten die Mobilfunker rund sieben Mal so viel wie für die übrigen freien Blöcke.

Bewährungsstrafen für Siemens-Mitarbeiter

Im Prozess gegen die bislang ranghöchsten Angeklagten im Siemens-Schmiergeldskandal hat das Landgericht München I Bewährungsstrafen verhängt. Der frühere Bereichsvorstand für Telekommunikation, Michael K., erhielt am Dienstag wegen Untreue zwei Jahre auf Bewährung sowie eine Geldstrafe von 60.000 Euro, sein Ex-Mitarbeiter Hans-Werner H. anderthalb Jahre auf Bewährung.

Das Gericht folgte mit dem Urteil Vorabsprachen. Bei Siemens sollen über Jahre und über fast alle Konzernbereiche hinweg 1,3 Milliarden Euro an Schmiergeldern geflossen sein, mit denen sich das Unternehmen im Ausland Aufträge sichern wollte. Bisher wurde nur die Schmiergeldpraxis in der Telekommunikationssparte juristisch aufgearbeitet, das nun ergangene Urteil ist das dritte gegen ehemalige Mitarbeiter des Bereichs.

Die beiden dort angeklagten 55-Jährigen hatten umfassende Geständnisse abgelegt, weshalb das Gericht ihnen Bewährungsstrafen gewährte. Mit K. musste sich erstmals ein Ex-Vorstand wegen der Praxis vor Gericht verantworten. "Er wusste, um was es geht, er hat hier nicht reagiert", sagte der Vorsitzende Richter Joachim Eckert zu dessen Schuld.

So war K. auch an einem Treffen in einem Wirtshaus beteiligt, in der das über Jahre praktizierte Zahlen von Schmiergeld neu organisiert wurde. Das Gericht hob aber hervor, dass sich K. und sein mitangeklagter Mitarbeiter erheblich um die Aufklärung der Schmiergeldpraxis verdient gemacht hätten.

K. ließ am Rande des Prozesses offen, ob er das Urteil annehmen wird. Er werde sich zunächst mit seinen Verteidigern absprechen. Dagegen sagte H., er werde das Urteil annehmen. Der Verteidiger des ehemaligen Rechnungsprüfers hatte in seinem Plädoyer gesagt, sein Mandant habe den Eindruck, in dem Skandal würden die Kleinen bestraft und die Großen laufen gelassen.

H. sagte, er habe in "treuer, aber falsch verstandener Pflichterfüllung" gehandelt. Die beiden Verurteilten waren langjährige Siemens-Mitarbeiter und erhielten von dem Konzern wegen ihrer Beteiligung die Kündigung. Beide haben sich inzwischen zivilrechtlich mit Siemens geeinigt.

Mit dem Urteil gegen die beiden geständigen 55-Jährigen folgte das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft und einer im Vorfeld getroffenen Absprache. Danach muss Bereichsvorstand K. außerdem als Geldauflage 100.000 Euro an gemeinnützige Vereine zahlen. H. muss eine Geldauflage in Höhe von 40.000 Euro erfüllen.

Eine kleine Flasche Bier am Tag

Zum dritten Mal in Folge ist 2009 der Bierkonsum in Deutschland gesunken - dieses Mal im Vergleich zum Vorjahr um 1,8 Millionen auf 86,1 Millionen Hektoliter. Im vergangenen Jahr habe jeder potentielle Biertrinker über 14 Jahre im Schnitt 121,4 Liter geschluckt, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag mit.

Das entspreche einer kleinen Flasche Bier am Tag. Der Spitzenwert beim jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch nach der deutschen Wiedervereinigung war 1992 gemessen worden: 171,3 Liter. In die zum Tag des deutschen Bieres am Freitag veröffentlichte Statistik fließen auch ausländische Biere und Bier-Mischgetränke.

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