Die Schmach schien abgewendet zu sein. Über Wochen hatten die Fußball-Manager verhandelt. Damit Werder Bremen am 24. August nicht ohne Hauptsponsor in die neue Bundesliga-Saison starten muss - anders als fast alle anderen Vereine. Alles schien gut zu werden. Bis die Fans erfuhren, wer der neue Sponsor der grünen Trikots werden könnte: der umstrittene Geflügelproduzent Wiesenhof.

Seitdem wächst der Protest im Internet. In Fanforen und auf Facebook wütet ein Shitstorm. "Kein Blut auf Werder-Trikots" - solche und härtere Parolen prasseln auf den Verein nieder. Der Facebook-Gruppe "Wiesenhof als Werder Sponsor? NEIN Danke" sind innerhalb kurzer Zeit mehr als 9000 Nutzer beigetreten. Weil sie bei ihren Spielern lieber eine blanke Brust sehen wollen - als eine Hühnerbrust.
Was nach Geldsegen aussah, könnte sich jetzt zum Imageproblem auswachsen - das weiß auch der Klub. "Wir beobachten den Protest genau", sagt Marketing-Geschäftsführer Klaus Filbry. Daher zögert Werder auch noch, sich für die nächsten zwei Jahre an den Hühnerzüchter zu binden. "Es ist noch nichts unterschrieben", sagt Filbry. Werder hatte zuletzt mit zwei Sponsoren verhandelt. Wiesenhof sei bereit, pro Saison fünf bis acht Millionen Euro zu zahlen und solle daher der Zuschlag erhalten, heißt es in Bremen.
KiK, Citibank, Wiesenhof - immer wieder Sponsoren als Ärgernis
Das Ganze ist kompliziert: Werder Bremen hat die Vermarktung vor Jahren an die Firma Infront abgetreten. Der Vermarkter sucht Sponsoren und bekommt dafür Provision. Der Clou: Wenn Infront keinen Sponsor findet, fließt trotzdem Geld. Angeblich sollen es zwischen fünf und acht Millionen Euro sein, die Details sind geheim.
Für Werder soll der Vertrag aber eine unangenehme Klausel enthalten: So dürfe der Verein zwar ein Veto gegen einen Sponsor einlegen. Aber dann müsse Infront auch nicht zahlen. Ein Grund, warum hat der Klub immer wieder Sponsoren akzeptiert, die vielen Fans ein Ärgernis waren. Wie die Bekleidungskette Kik oder die Citibank.
Auch Wiesenhof ist schon häufiger in die Kritik geraten. Die niedersächsische Firma gehört zur PHW-Gruppe Lohmann, dem größten Geflügelproduzenten des Landes. Pro Woche schlachtet die Gruppe etwa 4,5 Millionen Hähnchen. Kritiker werfen ihr - auch wegen der Massentierhaltung - regelmäßig Tierquälerei vor. Im März musste ein Schlachthof in Sachsen-Anhalt kurzzeitig wegen Hygienemängeln schließen. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft Oldenburg wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug. Vorwürfen, denen Wiesenhof hart widerspricht.
Kritik wegen Massentierhaltung
Immer wieder versuchen die Eignerfamilien, mit Prominenten ihr Image aufzupäppeln. So hat auch Ex-National-Torhüter Oliver Kahn für Wiesenhof geworben. Um das Sponsoring zu stoppen, protestieren in Bremen sogar schon Politiker. Sie schäme sich für den Klub, sagte die tierschutzpolitische Sprecherin der Bremer Grünen, Linda Neddermann.
"Werder Bremen hat Vorbildfunktion. Mit einem Wiesenhof-Logo auf dem Trikot werden sie dem nicht gerecht." Einige Fans reagieren auf ihre Weise auf den möglichen Sponsor. Sie stürmen die Fan-Shops der Stadt. Dort gibt es Trikots ohne Logo. Noch.