Wider die Macht der Banken:Merkels großes Wort

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Längst machen die Kreditinstitute wieder die großen Geschäfte: Wichtiger als eine Kürzung der Boni ist jetzt aber die Zähmung der Banken.

Nikolaus Piper

Es ist fast wie vor der Krise. Die Banken drehen ein großes Rad, und die Regierungen streiten darüber, was zu tun ist. Deutsche und Franzosen fordern strenge Regeln, Briten und Amerikaner bremsen, weil sie an die Finanzplätze London und New York denken.

Merkel: "Keine Bank darf so groß werden, dass sie die Regierung erpressen kann." (Foto: Foto: Getty)

Frankreichs Premier Nicholas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel wollen hochbezahlten Bankern ein Malus-System aufzwingen: Wenn die Geschäfte schlecht laufen, wird das Gehalt gekürzt. In Washington ist man bei diesem Vorschlag sehr reserviert. Der britische Premierminister Gordon Brown näherte sich beim Thema Boni zwar den anderen Europäern, aber die Annäherung ging nicht sehr weit.

Die Banker-Boni sind ein wichtiges Thema, weil sich hier die Wut auf jene artikulieren kann, die die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrunds geführt haben. Trotzdem bleibt es ein Randthema. Worum es wirklich geht, hat die Kanzlerin in einem Satz ausgedrückt, der auch jenseits der Grenzen zu Recht für Aufsehen gesorgt hat: "Keine Bank darf so groß werden, dass sie die Regierung erpressen kann."

Daran lässt sich zeigen, wie vertrackt die gegenwärtige Situation ist, aber auch welche Chancen sie birgt. Das Vertrackte lässt sich durch eine simple Frage zeigen: Werden Politiker die Banken wirklich auf die ungefährliche Größe einer Kreissparkasse hinunterzwingen? Wird die Bundesregierung etwa die Deutsche Bank zerschlagen, das einzige Institut aus der Bundesrepublik von globaler Bedeutung?

Wird Sarkozy die Auflösung von BNP Paribas betreiben, dem Champion des französischen Finanzmarkts? Sie werden es natürlich nicht tun, schließlich hängen an Großbanken Arbeitsplätze, Wachstum und die Zukunft ganzer Volkswirtschaften. Von daher verliert Merkels Satz einiges an Radikalität.

Mehr noch: Niemand weiß, wo das Erpressungspotential einer Bank beginnt. Bis zum 15. September 2008 dachte die US-Regierung, die Investmentbank Lehman Brothers sei klein genug, um gefahrlos untergehen zu können. Das Ergebnis ist bekannt. Solange die Erinnerung an Lehman frisch ist, wird keine Bank mehr pleitegehen.

Das bedeutet, dass sich Merkels Erpressungsproblem nur indirekt wird lösen lassen. Zwei Schritte sind dazu nötig. Die Regierungen brauchen die Möglichkeit, eine Bank unter Zwangsverwaltung zu stellen, noch ehe die Erpressung beginnt. Dies Instrument fehlte in Deutschland, als im vorigen Herbst die Hypo Real Estate vor dem Zusammenbruch stand.

Die nötigen Vorschriften einzuführen, ist eine nationale Aufgabe. Im Regulierungsplan von US-Finanzminister Timothy Geithner ist dies vorgesehen, in Deutschland plant Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg Ähnliches.

Noch wichtiger ist der zweite Schritt: Die Banken müssen gezwungen werden, ausreichend Eigenkapital vorzuhalten. Eigenkapital bedeutet Kosten und liefert daher den denkbar besten Schutz gegen überzogene Risiken. Im Kern wollen das alle, Amerikaner, Briten und Kontinentaleuropäer.

Es kommt in dem Fall aber nicht darauf an, ob mehr Eigenkapital gefordert wird, sondern wie viel. Die Lobbyisten der Branche werben für möglichst laxe Vorschriften, richtig wären dagegen progressiv steigende Sätze: Je größer die Bank, desto größer das Risiko, desto größer das Erpressungspotential, desto höher das Eigenkapital.

Das politische Problem liegt darin, hier einen internationalen Konsens zu finden. Das Thema ist weniger populär als das der Boni, aber an den Eigenkapitalvorschriften entscheidet sich, ob die Welt aus der Katastrophe gelernt hat. Eigenkapital ist auch ein Mittel, um die Bezahlung der Banker zu begrenzen. Es spricht einiges dafür, Merkels und Sarkozys Malus-Idee umzusetzen.

Manchmal sind in der Politik auch Symbole notwendig. Man kann aber darauf wetten, dass die Banker Wege finden werden, diese Vorschriften zu umgehen. Umfassende Eigenkapitalvorschriften dagegen sind wesentlich schwerer auszuhebeln. Die Regierungen sollten zu schnellen Beschlüssen kommen. Die nächste Gelegenheit dazu ist der dritte Finanzgipfel am 24. und 25. September in Pittsburgh.

© SZ vom 03.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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