Als es vorbei war für ihn, da gab Adam Neumann schließlich zu: Die Sache sei ihm wohl zu Kopfe gestiegen. 47 Milliarden Dollar war seine Firma Wework wert gewesen, als er sie im Oktober 2019 an die Börse bringen wollte. Doch das Vorhaben platzte, und am Ende des Jahres waren bloß noch sieben Milliarden übrig. Jamie Dimon, Chef der kreditgebenden Bank JPMorgan Chase, legte Neumann dringend nahe, den Chefposten abzugeben. Kein Wunder, denn der Absturz war ja auch, wie es die New York Times formulierte, "die größte Implosion der Start-up-Geschichte". Und nun musste Neumanns Nachfolger vor Kurzem verkünden, es sei nicht mehr sicher, ob die Firma auch künftig bestehen könne.
Wework, das war lange ein aufstrebendes Start-up und Neumann der Prototyp des grenzenlos selbstbewussten Gründers.
Das Geschäftsprinzip ist denkbar einfach: Wework mietet Bürogebäude oder auch Stockwerke an, hübscht sie auf und vermietet sie dann teurer weiter. An Freelancer, an Leute, denen im Home-Office die Decke auf den Kopf fällt, oder an kleine Start-ups, die noch kein eigenes Büro haben. Schicke Glasoptik, dazu kostenlos Craftbier und Mate, das lockte anfangs viele in die Wework-Büros. Mehr und mehr gab es davon auf der ganzen Welt. Neumann, der sehr überzeugend auftreten konnte, hatte keine Probleme, Geld aufzutreiben. Geld, das er brauchte, um mehr und mehr Räumlichkeiten anzumieten.
Doch das Geschäftsmodell funktionierte nicht. Und die Investoren begannen, nervös zu werden. Das Start-up hatte gewaltige Verluste angehäuft, allein 2018 waren es knapp zwei Milliarden Dollar. Nach dem abgeblasenen Börsengang, der Tausende Mitarbeiter von Wework den Job kostete, ging es weiter bergab. Der japanische Softbank-Konzern, einer der Investoren, übernahm Wework. Glücklos blieb das Unternehmen trotzdem - wozu natürlich auch die Corona-Pandemie ihren Teil beitrug.
Fragwürdiges Geschäftsmodell
Fragwürdig aber war das Geschäftsmodell schon davor. In guten Zeiten zwar quasi ein Selbstläufer. Aber in schlechten? In schlechten Zeiten musste Wework weiter die Mieten bezahlen, doch die Einnahmen blieben mangels Kundschaft aus. Aswath Damodaran, Wirtschaftsprofessor an der New York University, sagte der New York Times, er sei "von Anfang an skeptisch" gewesen. Schließlich ist das Geschäftsmodell von Wework auch leicht zu kopieren. Mittlerweile gibt es viele Anbieter, die unterschiedliche Mietarbeitsplätze anbieten. Die Geldgeber von Wework waren da weniger vorsichtig. Erst als potenzielle Investoren sich aus Anlass des geplanten Börsengangs näher mit Wework befassten, kamen Zweifel auf - der Börsengang musste abgeblasen werden.
Und nun also musste das Unternehmen, einer gesetzlichen Pflicht folgend, ein Statement veröffentlichen, in dem es sinngemäß heißt, es könne nicht garantiert werden, dass das Unternehmen künftig in der Lage sei, den Geschäftsbetrieb fortzuführen. Üblicherweise machen Firmen das, wenn abzusehen ist, dass sie binnen eines Jahres zahlungsunfähig werden.
Dass das Ende nun nah ist, muss das aber nicht zwingend bedeuten. Denn das offizielle Bekenntnis erlaubt es Wework, mit den Vermietern bessere Konditionen auszuhandeln. Letztlich haben die kein Interesse daran, diesen großen Kunden zu verlieren und alles neu vermieten zu müssen oder in Konkursverfahren viel Geld zu verlieren. Zumal in diesen Zeiten, wo ohnehin viel Büroraum ungenutzt ist. Allein in den USA soll ein Fünftel aller Büroräume leerstehen.
Für die Investoren hat es sich jedenfalls nicht ausgezahlt, Geld in das Unternehmen zu stecken. Als Wework 2021 schließlich an die Börse ging, betrug der Ausgabekurs immerhin 11,70 Euro. Nun dümpeln die Papiere bei 14 Cent herum - das ist verdammt nahe am Totalverlust. Und himmelweit entfernt von den 47 Milliarden Dollar, die Adam Neumann einst die Sinne vernebelt hatten.