Welthandel:Sofort ist relativ

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Sie verhandelten und verkündeten – Soja-Einkäufe gegen Autozölle: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald Trump. (Foto: Joshua Roberts/Reuters)

US-Präsident Trump drängt auf den Soja-gegen-Zoll-Deal mit der Europäischen Union, doch die hat Zeit.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Es gibt so viel, was im Kopf des amerikanischen Präsidenten ist, und was da auch sofort wieder raus muss: die Mauer zu Mexiko, die bösen Demokraten, Fake News. Für den Handel mit der Europäischen Union war da in den vergangen Tagen in den Tweets des Donald Trump kein Platz mehr. "Großartig, mit der EU zurück auf dem richtigen Gleis zu sein. Das war ein großer Tag für fairen und freien Handel", twitterte Trump nach seinem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Seitdem herrscht Ruhe.

Aus Sicht der EU ist damit das erste Ziel schon erreicht. Die Aufmerksamkeit des Präsidenten gilt vorerst nicht mehr der EU und ihren angeblich unfairen Handelspraktiken. Trump scheint fürs Erste zufrieden zu sein mit dem Deal, den er mit Juncker am Mittwoch vereinbart hat und der einen Handelskrieg abwenden soll. Ihm reicht erst einmal, dass die Europäer nun angeblich in großen Mengen Sojabohnen und Flüssiggas in den USA ordern wollen. Dabei war beides nur die Dreingabe zu einem Deal, in dessen Zentrum das Ziel steht, die Zölle für Industriegüter mit Ausnahme von Autos auf null zu senken. Vereinbart wurde, "sofort" eine Arbeitsgruppe engster Mitarbeiter beider Präsidenten einzusetzen, um das Besprochene in die Praxis umzusetzen.

Zumindest in der Bundesregierung nimmt man das wörtlich. Man erwarte einen raschen Start der Verhandlungen, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Und: "Allen Beteiligten ist klar, dass es schnell gehen muss."

Für die Dauer der Verhandlungen herrscht eine Art Waffenstillstand. Solange steigen Autozölle nicht

Tatsächlich? Zwar hat Trump am Freitag noch einmal bei Juncker angerufen. Auch steht der Generalsekretär der EU-Kommission, Martin Selmayr, in Telefonkontakt mit Trumps Berater Lawrence Kudlow. Was es aber zunächst nicht gab, war ein Termin für die erste Sitzung der Arbeitsgruppe. Gerade für die Europäer besteht auch gar kein Grund zur Hektik. Für die Dauer der Verhandlungen herrscht eine Art Waffenstillstand. Trump hat zugesagt, so lange keine neuen Zölle auf Autos aus der EU zu verhängen. So ist jeder Tag bis zu den US-Zwischenwahlen im November ein gewonnener Tag - gerade dann, wenn er mit Vorgeplänkel verstreicht.

Wirklich schnell gehen dürfte es allerdings auch dann nicht, sollte Trump plötzlich darauf bestehen. Zwar führt Handelsverhandlungen in der EU allein die Kommission. Sie benötigt dafür allerdings ein Mandat der Mitgliedsstaaten. Sie müssten einer Vereinbarung, ebenso wie das Europäische Parlament, dann auch zustimmen.

"Ich kann mir alles vorstellen, was nicht auf ein reines Zollsenkungsabkommen hinausläuft. Es muss ein Plus geben", sagt Daniel Caspary, Chef der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament. Dies könne zum Beispiel die Öffnung für EU-Firmen bei öffentlichen Ausschreibungen in den USA sein. Genau dieser Bereich war allerdings, ebenso wie die Landwirtschaft, in Washington ausgeklammert worden. Wichtig sei auch, dass ein Abkommen europäischen Mittelständlern nutze, fordert Caspary, etwa indem Standards angeglichen würden, damit etwa nicht für jedes Stromkabel unterschiedliche Regeln gelten. Der Weg eines Handelsabkommens durchs Parlament dauere mindestens ein halbes Jahr, warnt Caspary. Wenn der Deal nicht vor Oktober stehe, werde das bis zur Europawahl im Frühjahr nichts mehr.

© SZ vom 01.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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