Weihnachtsschmuck:Glitzernde Zeit

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Manche mögen's bunt: Weihnachtliche Lichtershow im Garten eines Privathauses. (Foto: Johannes Simon)

Die Dekoration an Hausfassaden und in Gärten ist nicht nur Geschmackssache. Stört sich der Nachbar am nächtlichen Dauerblinken, kommt es schon mal zum Streit. Und wer zahlt, wenn die Dekoration herunterfällt?

Von Jochen Bettzieche

Dezent leuchten in der Vorweihnachtszeit in vielen Gärten kleine Kerzen in Windlichtern oder elektrische Lichterketten. Mancher Nachbar hingegen mag es eher pompös. Da blinken künstliche Eiszapfen, aufblasbare Weihnachtsmänner klettern an der Hauswand hoch, und beleuchtete Rentierschlitten strahlen im Garten. Der Stromlieferant freut sich.

Am Weihnachtsschmuck scheiden sich die Geister, das kann sogar zum Streit unter Nachbarn führen. Wichtig ist aber immer, den Schmuck so zu befestigen, dass niemand zu Schaden kommt. Erlaubt ist die Dekoration. "Aber das Gesetz bleibt schwammig, die Rede ist von ortsüblichem Schmuck", sagt Julia Wagner, Rechtsexpertin beim Eigentümerverband Haus & Grund in Berlin. Nur was ist darunter zu verstehen? "Klar ist nur, dass man in der Weihnachtszeit mehr dulden muss, weil es ortsüblich ist", sagt Wagner. Und so hängen sie wieder, die Lichterketten und Weihnachtsmänner. Es blinkt und glitzert im vorweihnachtlichen Deutschland. Und manchmal passiert es, dass eine Lichterkette vom dritten Stock auf den Gehsteig fällt - auf Gegenstände oder Menschen. Dann haftet derjenige, der die Kette aufgehängt hat. Denn der ist dafür verantwortlich, den Schmuck so anzubringen, dass er auch bei Wind nicht zur Gefahr für Dritte wird. Halten Knoten oder Haken nicht, kann es schnell teuer werden. "In so einem Fall springt die private Haftpflichtversicherung ein", sagt Bianca Boss, Sprecherin beim Bund der Versicherten in Henstedt-Ulzburg.

Und wenn jemandem das blinkende Rentier so gut gefällt, dass er nachts über den Zaun steigt und es mitnimmt? Dann springt die Hausratversicherung ein. "Lichterketten im Garten fallen unter den sehr weiten Begriff des Gartenzubehörs", erläutert Stefan Liebl, Sprecher bei der Versicherungskammer Bayern in München. Somit greife die Versicherung bei Brand, Überspannung, Sturm und einfachem Diebstahl. Versicherungsnehmer fragen aber besser bei ihrem Anbieter nach, ob das auch für ihre Police gilt.

Wenn jemandem der Weihnachtsschmuck nicht gefällt, kann es zu Streit kommen. In Mehrparteienhäusern geht es dann zum Beispiel um die Steckdose, aus der der Strom für die Adventsbeleuchtung kommt. "An den Allgemeinstrom hängen geht natürlich nicht, das ist nicht zulässig", stellt Ulrich Ropertz, Geschäftsführer beim Deutschen Mieterbund, klar. Es sei denn, alle Parteien sind sich darüber einig.

Außerdem darf die vorweihnachtliche Illumination die Nachbarn nicht übermäßig stören. "Andere Wohnungen dürfen hierdurch nicht die ganze Nacht über zwangsbeleuchtet werden", sagt Ropertz. Er rät jedoch davon ab, deswegen die Miete zu mindern. Denn schnell sind streitende Parteien wieder beim schwammigen Begriff "ortsüblich". Ob diese Richtgröße schon bei der dritten Lichterkette überschritten ist oder erst, wenn das ganze Haus leuchtet, ist Ansichtssache. "In der Großstadt ist es abends generell sehr hell", gibt Juristin Wagner zu bedenken. Da fällt das blinkende Weihnachtshaus nicht so auf.

Bis die Richter ihr Urteil gesprochen haben, dürfte schon der Osterhase unterwegs sein

Eindeutig geklärt ist die Lage nur bei denkmalgeschützten Gebäuden. Da dürfen die Bewohner die Fassaden nicht beliebig gestalten. Das gilt auch für Weihnachtsschmuck. Eigentlich benötigen in diesem Fall auch Privatleute eine Genehmigung der zuständigen Behörde für jede einzelne Lichterkette. In der Praxis wird das wegen des hohen Aufwands aber kaum kontrolliert. "Ein Gesamtkonzept für ein ganzes Haus benötigt aber auf jeden Fall eine Erlaubnis", erklärt Ingo Trömer, Sprecher beim Referat für Stadtplanung und Bauordnung der Stadt München.

Nachbarn haben hier eine Möglichkeit, über den Denkmalschutz gegen unliebsame Beleuchtung vorzugehen. Ansonsten müssen sie die Lichtemissionen von elektrischen Christbaumkerzen, Eiszapfen, Rentierschlitten und Co. am Abend ertragen - aber nicht die ganze Nacht durch. "Im Fall eines Konflikts muss die Beleuchtung um 22 Uhr ausgeschaltet werden", sagt Wagner. Andernfalls könne man auf Unterlassung klagen. Das dauert allerdings, und bis die Richter ihr Urteil gesprochen haben, dürfte in den meisten Fällen bereits der Osterhase unterwegs sein. Dann hilft das Urteil höchstens in der nächsten Adventszeit.

Einen Ausweg kennt Wagner: "Es ist möglich, innerhalb einer Woche eine einstweilige Verfügung zu erwirken." Dann ist der Lichtzauber vorbei. Langfristig führt das aber zu einem schlechten Verhältnis mit den Nachbarn. Sie empfiehlt daher: "Besser ist es, vorher miteinander zu reden." Zumal ein Gerichtsverfahren teuer ist. Für so einen Fall eine Rechtsschutzversicherung zu bemühen, sei riskant, warnt Versicherungsexpertin Boss: "Die Versicherung darf nach dem Verfahren den Vertrag kündigen."

Keine Chance hat, wer sich nur optisch belästigt fühlt durch den Weihnachtsschmuck, der Einfamilienhäuser in vorweihnachtliche Leuchttürme verwandelt. Doch damit müssen die Gegner leben, sagt Wagner: "Wenn es nur darum geht, dass es kitschig und hässlich ist, kann man sich nicht dagegen wehren."

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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