Auch in diesem Jahr wird im November oder spätestens Dezember wieder aus unzähligen offenen Kofferräumen die grün benadelte Spitze des diesjährigen Weihnachtsbaums ragen. Natürlich kauft man nicht einfach irgendeinen Baum. Da wird die Höhe geschätzt - passt er denn wirklich in das Wohnzimmer? Die Spitze wird begutachtet - ist sie denn wirklich kerzengrade? Und der gesamte Baum soll natürlich möglichst gleichmäßig mit Nadeln bestückt sein.
Doch den perfekten Baum zu finden, könnte bald noch schwerer werden als ohnehin. Denn der heiße, trockene Sommer ist vielen zukünftigen Christbäumen zum Verhängnis geworden. "Wir haben immer mal wieder zwischendurch gehofft, dass es regnet. Aber es hat halt nicht geregnet", sagt Uwe Klug, Weihnachtsbaumproduzent an der bayerisch-hessischen Landesgrenze. Von 100000 Laub- und Nadelbäumen, die Klug neu gepflanzt hatte, sind ganze 95 Prozent vertrocknet. Für ihn entsteht dadurch ein Schaden von über einer Viertelmillion Euro.
Die Weihnachtsbaum-Produktion ist ein bedeutender Wirtschaftszweig in Unterfranken, allein in Mittelsinn, der Gemeinde von Anbauer Klug, gibt es rund 30 Christbaumproduzenten. "Denen ging es ähnlich", sagt er mit Blick auf den Wassermangel und die verdorrten Pflanzen. In acht bis zehn Jahren hätten die Bäume in den Wohnzimmern der Deutschen stehen sollen. Die Böden im Sinngrund sind karg, Sand und Steine haben den Bauern in dem Dorf zwischen Spessart und Rhön schon immer die Landwirtschaft erschwert. Viele haben deshalb im Nebenerwerb auf Weihnachtsbäume gesetzt, denn die sind anspruchsloser. Doch jetzt könnte es sein, dass dieses Geschäft sich langfristig auch nicht mehr rentiert. Rund 29 Millionen Christbäume kaufen die Deutschen jährlich. Die meisten kommen aus heimischem Anbau. Rund 2,5 Millionen werden aus Dänemark importiert, auch dort war es dieses Jahr trockener als sonst.
Immerhin geht es den Bäumen für das diesjährige Weihnachtsfest sehr gut. "Die haben überhaupt nicht gelitten", sagt Eberhard Hennecke, Vorsitzender des Bundesverbandes der Weihnachtsbaumerzeuger. "Die Bäume sind in einem sehr guten Zustand", erklärt er. Denn gerade die beliebte Nordmanntanne ist ein sogenannter Tiefwurzler. Sie zieht sich Wasser von weiter unten im Boden, die trockene Oberfläche mache den Tannen, die dieses Jahr geschlagen werden, nichts aus. Problematisch wird es laut Hennecke erst, wenn es mehrere Dürrejahre hintereinander gibt.
Auch wenn es für das kommende Weihnachtsfest noch keinen Mangel an saftig grünen Bäumen geben wird, dürften die Preise in diesem Jahr höher liegen als 2021. Thomas Emslander, Vorsitzender des Vereins Bayerische Christbaumanbauer, geht davon aus, dass die Bäume in diesem Jahr zehn Prozent mehr kosten werden als zuletzt. Ein Meter Nordmanntanne lag im vergangenen Jahr zwischen 18 und 24 Euro. Die Blaufichte sei deutlich günstiger, 19 Euro bis 25 Euro für einen fast zwei Meter großen Baum seien zu diesem Weihnachtsfest möglich. Auch Eberhard Hennecke vom Verband der Weihnachtsbaumerzeuger wird demnächst die Preisspanne für diesjährige Tannen bekanntgeben, er geht derzeit allerdings nicht von einer deutlichen Preiserhöhung aus.