VW: Ende einer Posse:Freie Fahrt - auch ohne Volkswagen

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Keine Zufahrt mit Fremdfabrikaten - diese Regel hatte ein VW-Werksleiter im hessischen Baunatal durchgesetzt. Lange hielt die Vorgabe jedoch nicht.

Der Sturm der Entrüstung war groß. Nur Autos von Volkswagen durften auf das VW-Fabrikgelände im hessischen Baunatal fahren. Alle anderen Fahrzeuge, auch wenn sie von Lieferanten gefahren wurden, mussten draußen bleiben.

Volkswagen-Mitarbeiter vor dem Werk Baunatal: Ab sofort dürfen auch wieder Fahrzeuge konzernfremder Marken einfahren. (Foto: Foto: dpa)

Inzwischen scheint es dem Konzern selbst ein wenig unangenehm zu sein, was der eifrige Baunataler Werksleiter Hans-Helmut Becker ausgeheckt hat. Ab sofort dürfen Gäste und Lieferanten auch wieder mit Fahrzeugen von Opel, Nissan, Renault oder anderen Marken auf das Gelände des Werkes fahren. Werksleiter Becker habe das Verbot für Fremdmarken zurückgenommen, sagte ein VW-Sprecher am Donnerstag. "Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn sich sowohl Mitarbeiter als auch Geschäftspartner zu unseren Produkten bekennen und unsere Marken fahren. In diesem Sinne sprechen wir bei Volkswagen in Kassel verstärkt unsere Besucher und Partner an", erklärte Becker. "Es besteht jedoch kein grundsätzliches Einfahrtverbot für Fremdfabrikate." Jetzt, so heißt es bei Volkswagen, werde eine "nachhaltige und praktikable Regelung" erarbeitet.

Das Kasseler Werk von Volkswagen im nahen Baunatal mit etwa 13.000 Beschäftigten hatte in den vergangenen Wochen die Zufahrtsregeln verschärft. "Wer einmalig bei uns vorbeikommt, wird nur freundlich darauf hingewiesen. Aber von ständigen Partnern erwarten wir, dass er sich kooperativ zeigt und unsere Autos fährt", hatte ein Sprecher gesagt. "Wen wir beschäftigen, der soll auch uns beschäftigen."

Empörung beim Betriebsrat

Bekanntgeworden war das durch einen Handwerker, der von einem Volkswagen auf einen Opel umsteigen wollte. Der Werksschutz habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er dann nicht mehr auf das Werksgelände fahren dürfe, selbst wenn er schwere Teile habe.

Ein Hausverbot für Fremdmarken hätten bislang alle Werksdirektoren gewollt, Becker habe es aber als einziger wirklich durchgesetzt, sagte der VW-Sprecher. "Es ist doch ganz normal, dass wir mit denen Geschäfte machen wollen, die auch mit uns Geschäfte machen wollen." Lieferanten und Handwerker seien Partner, denen man gern helfe, von denen aber auch Hilfe erwartet werde.

Der Betriebsrat des VW-Werkes hatte sich hingegen von der Politik des eigenen Hauses distanziert. Er sei zwar von den Produkten der Konzernfahrzeugflotte überzeugt. "Dabei überzeugen aber unsere Produkte - nicht Zwänge und Restriktionen", hatte Betriebsratschef Jürgen Stumpf gesagt. "Der Betriebsrat hofft, dass die Vorgehensweise des Kasseler Werkmanagements keinen nachhaltigen Schaden anrichtet. In Krisenzeiten mit deutlich reduzierten Auftragseingängen und Kurzarbeit können wir solche Negativschlagzeilen überhaupt nicht gebrauchen."

© sueddeutsche.de/dpa-lni/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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