Vorzeigefabrik in Bangladesch:Otto? Will es gut machen!

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Es ist das erste Projekt dieser Art weltweit: Europas größter Versandhändler Otto kooperiert bei einer Vorzeigefabrik mit der Grameen-Bank von Nobelpreisträger Yunus.

Silvia Liebrich

Der Versandhändler Otto will mit Friedensnobelpreisträger Muhammed Yunus in Bangladesch eine Textilfabrik nach sozialen und ökologischen Kriterien bauen. Das Projekt sei das erste seiner Art weltweit, hieß es am Mittwoch. Die Gewinne des Werkes sollen an eine Stiftung gehen. Menschenrechtler äußerten sich skeptisch.

Die Fabrik entsteht in Zusammenarbeit mit Grameen, der "Bank der Armen", die Muhammed Yunus gegründet hat. (Foto: Foto: dpa)

Europas größter Versandhändler will mit der Fabrik nach eigenen Angaben ein Zeichen für nachhaltiges Wirtschaften in Entwicklungsländern setzen. Bangladesch zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Die geplante Textilfabrik sei zwar nur ein kleines Unternehmen, erklärte Yunus.

"Ein Sympol"

"Aber es ist ein neuer Anfang, ein Symbol, das die Welt verändern kann." Die Bevölkerung müsse die Chance bekommen, sich selbst aus der Armut zu befreien, sagte der Otto-Aufsichtsratsvorsitzende Michael Otto. Die Fabrik entsteht in Zusammenarbeit mit Grameen, der "Bank der Armen", die 1976 von Yunus gegründet wurde.

Internationale Handels- und Textilkonzerne stehen seit langem wegen Menschenrechtsverletzungen in einigen ihrer Zulieferbetriebe am Pranger - darunter deutsche Firmen wie Aldi, Lidl, Metro, Puma und Adidas. Auch die Otto-Gruppe wurde vom kirchennahen Südwind-Institut wiederholt kritisiert, weil Fabrikarbeiter in Asien und Mittelamerika schlecht entlohnt und behandelt würden. 2006 wurde bekannt, dass der indische Lieferant einer Tochterfirma Kinder für sich arbeiten ließ.

Ingeborg Wick, Arbeitsmarktexpertin bei Südwind, begrüßte zwar den Vorstoß grundsätzlich, stellte zugleich aber klar, dass "solche freiwilligen Initiativen nicht ausreichen, um die schlechten Arbeitsbedingungen in armen Ländern nachhaltig zu verbessern". Sie verwies auf Untersuchungen, die zeigten, dass die positiven Effekte in solchen Fällen meistens nur kurzfristig seien. Südwind und andere Menschenrechtsorganisationen fordern schärfere Gesetze in den betroffenen Ländern, die für alle Unternehmen gelten sollen. Dazu gehören das Verbot von Diskriminierung, Kinder- und Zwangsarbeit sowie Gewerkschaftsfreiheit - Grundrechte, die für die Beschäftigten in den meisten Industrieländern selbstverständlich seien, sagte Wick.

Zinsloses Darlehen

Die Fabrik soll in der Hauptstadt Dhaka errichtet werden und ab 2011 produzieren. Die Textilien seien für den Export vorgesehen, hieß es weiter. Otto werde 40 bis 50 Prozent der dort hergestellten Kleidung abnehmen. Das Hamburger Unternehmen stellt nach eigenen Angaben für den Bau ein zinsloses Darlehen über 15 Jahre zur Verfügung.

Die Gewinne aus dem Werk sollen nicht an den Konzern abgeführt, sondern unter anderem genutzt werden, um Essen, Bildung und medizinische Versorgung der Arbeiter zu sichern. Mit den Erträgen soll zugleich die geplante Expansion des Unternehmens in Bangladesch und anderen Ländern finanziert werden. Das Projekt werde zeigen, "dass es durchaus möglich ist, ökologische und soziale Kriterien mit ökonomischen Zielen in Einklang zu bringen", ergänzte Michael Otto.

Der Wirtschaftswissenschaftler Muhammed Yunus erhielt 2006 den Friedensnobelpreis für seine erfolgreiche Arbeit im Kampf gegen Armut. Er gründete eine Bank, die Kleinstkredite an Mittellose vergab, ohne dafür finanzielle Sicherheiten zu verlangen. Die Grameen-Bank hat acht Millionen Kunden und vergab seit ihrer Gründung Kredite in Höhe von acht Milliarden Dollar. Mittlerweile ist das Kreditinstitut in 30 Ländern aktiv.

© SZ vom 12.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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