Vorwurf der Justiztäuschung im Kirch-Prozess:Beschlagnahmte Dokumente belasten Deutsche Bank

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Die Deutsche Bank muss sich gegen Vorwürfe wehren, die Justiz im Kirch-Prozess getäuscht zu haben. (Foto: Bloomberg)

Ein internes Memorandum der Deutschen Bank legt aus Sicht der Ermittler nahe, dass Rolf Breuer, Josef Ackermann und andere Spitzenleute auf ihre Aussagen im Kirch-Prozess vorbereitet wurden. Sie vermuten, dass "Antwortvorschläge" und Probeprozesse dazu dienen sollten, die Justiz zu täuschen. Auch das damalige Interesse der Bank in Bezug auf Kirchs Medienimperium steht nun in einem anderen Licht.

Von Klaus Ott

Die Deutsche Bank, die im Kirch-Prozess versucht haben soll, die Justiz mit abgesprochenen Zeugenaussagen zu täuschen, wird durch Ermittlungsergebnisse der Münchner Staatsanwaltschaft stark belastet. Die Strafverfolger hatten bei einer Durchsuchung des Geldinstituts unter anderem ein internes Memorandum gefunden und beschlagnahmt, in dem die Sachlage völlig anders dargestellt wird, als Spitzenleute der Bank im Kirch-Verfahren beim Oberlandesgericht (OLG) München berichtet hatten. Das bisher unbekannte Papier hatte ein führender deutscher Wirtschaftsanwalt für die Bank verfasst.

Darin steht, das Finanzinstitut habe Anfang 2002 "eindeutig" ein Interesse gehabt, von ihrem finanziell angeschlagenen Kreditkunden Leo Kirch einen Auftrag zum Verkauf einzelner Konzernteile zu erhalten. Zu diesem Zeitpunkt hatte Bankchef Rolf Breuer in einem Fernsehinterview Kirchs Kreditwürdigkeit angezweifelt. Der Medienunternehmer war kurz darauf pleite und warf der Bank später vor, ihn öffentlich diskreditiert zu haben, um seine Film- und Fernsehfirma zerschlagen und daran verdienen zu können.

Breuer und andere ehemalige Vorstände der Bank hatten beim OLG hingegen als Zeugen erklärt, man habe kein Interesse an einem Kirch-Auftrag gehabt. Die Vorwürfe seien falsch, die Schadenersatzklagen in Milliardenhöhe unbegründet. Das steht in Widerspruch zu dem Memorandum, das Ermittlungsergebnissen zufolge an den Bankvorstand verteilt worden war, bevor Breuer & Co zu diesem Thema vor Gericht aussagten. Im Umfeld der Bank heißt es, man habe das Memorandum dem OLG nicht vorlegen müssen. Es gebe nur eine Einzelmeinung wieder. Andere Gutachter stützten die Darstellung der Bank.

"Antwortvorschläge" und Probeprozess für Spitzenleute

Die Staatsanwaltschaft verdächtigt die früheren Bankchefs Breuer und Josef Ackermann, zwei weitere Ex-Manager und den heutigen Co-Vorstandschef Fitschen des versuchten Prozessbetrugs. Sie hätten verhindern wollen, dass die Bank zu Schadenersatz verurteilt werde. Beschlagnahmten Unterlagen zufolge soll das Geldinstitut mehrere Spitzenleute gezielt auf Zeugenauftritte vorbereitet haben. So habe Breuer schriftlich formulierte "Antwortvorschläge" erhalten.

In einem Ermittlungsbericht steht auch, Breuer sei von Juristen der Bank in einem Probeprozess auf seine Angaben beim OLG "dezidiert" vorbereitet worden. Ein anderer führender Manager habe vor einer Zeugenaussage um ein "Briefing", eine Art Kurzeinweisung, gebeten. Die Bank und die Beschuldigten weisen alle Vorwürfe zurück. Das Geldinstitut erklärte auf Anfrage, man habe "zu keinem Zeitpunkt versucht, Aussagen von Zeugen zu beeinflussen".

Zu den Vorbesprechungen vor Zeugenauftritten äußerte die Bank, es sei die Pflicht der Anwälte, den Sachverhalt aufzuklären und zu diesem Zweck auch Gespräche mit den beteiligten Personen zu führen. Im Umfeld der Bank heißt es, der Probeprozess und andere Maßnahmen seien ganz normale Vorgänge gewesen. Inhalte von Zeugenaussagen seien nicht vorgegeben worden.

© SZ vom 23.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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