Verwaltung und Schulen:Bitkom: Regierung verfehlt Digitalisierungspläne

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In der Verwaltung herrscht nach wie vor das Papier vor, für die Wirtschaft wird die damit zusammenhängende Schwerfälligkeit zunehmend zum Standortnachteil. (Foto: Ullrich Gnoth/IMAGO)

Die Verwaltung rückständig, die Schulen weit hinter dem, was in Europa Standard ist - ein echter Standortnachteil, fürchtet die Branche. Allerdings gibt es auch Erfolge.

Die Bundesregierung kommt nach einer Analyse des Branchenverbands Bitkom bei ihren Digitalisierungsvorhaben nur schleppend voran. Es gebe in vielen Bereichen noch erheblichen Handlungsbedarf, sagte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. "Die Umsetzung hinkt hinterher." Bisher habe die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP lediglich 38 ihrer insgesamt 334 digitalpolitischen Vorhaben abgeschlossen. "Das entspricht einem Anteil von elf Prozent." 219 Vorhaben oder 66 Prozent seien zumindest in der Umsetzung, mit ganz unterschiedlichem Status. 77 Projekte oder 23 Prozent seien noch nicht begonnen worden. Mit der Digitalstrategie will die Bundesregierung dieses Jahrzehnt eigentlich zu einer "digitalen Dekade" machen.

Großbaustellen sind vor allem die Digitalisierung von Verwaltungen und Schulen. "Inzwischen hinken unsere Schulen Ländern wie Dänemark 20 Jahre hinterher", sagte Wintergerst. Auch das Onlinezugangsgesetz (OZG) 2.0, eines der wichtigsten digitalpolitischen Projekte der Bundesregierung, sei bislang unvollendet. Die Arbeit habe leider gerade erst begonnen. Die Finanzierung der Maßnahmen sei ungewiss, und auf Fristen sei diesmal gleich ganz verzichtet worden. Das Onlinezugangsgesetz verpflichtet Bund und Länder, Verwaltungsleistungen digital anzubieten und über ein Portal miteinander zu verbinden. "Die rückständige deutsche Verwaltung wächst sich zu einem veritablen Standortnachteil aus, der Haushalte und Unternehmen gleichermaßen belastet." Bei der Digitalisierung der Verwaltung sei Deutschland überspitzt gesagt ein "Failed State" - ein gescheiterter Staat. "Bei der Verwaltungsdigitalisierung geht es ja nicht nur darum, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Geburtsurkunden und Reisepässe digital beantragen können, es geht vor allem auch darum, Genehmigungs- und Berichtsverfahren für die Wirtschaft zu digitalisieren und zu vereinfachen."

Patientenakte, Mobilfunk: Es gehe auch voran

Es gebe aber auch große Fortschritte, etwa beim Ausbau der Breitband- und Mobilfunknetze. Auch die Digitalisierung des Gesundheitswesens komme gut voran. Hier wurde auf die flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte verwiesen, die ab 2025 von mindestens 80 Prozent der Versicherten genutzt werden soll. Außerdem sei die Regierung sehr aktiv dabei, Deutschland wieder zu einem wichtigen Standort für die Chipbranche zu machen. Umgesetzt sei auch schon das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz. Es solle helfen, offene Stellen zu füllen. Ende 2022 fehlten in Deutschland 137 000 IT-Fachkräfte quer durch alle Branchen.

Die meisten Vorhaben entfallen mit 80 Projekten auf das Bundesinnenministerium und mit 57 Projekten auf das Bildungs- und Forschungsministerium. Danach folgen das Wirtschaftsministerium (46 Vorhaben) und dann erst das eigentliche Digitalministerium (45). Weit hinten liegt das Verteidigungsministerium mit nur sechs Projekten. Das Entwicklungsministerium hat kein einziges Digitalisierungsprojekt. Eine Bündelung der Vorhaben wäre wichtig, so Wintergerst. Es gebe aber bislang keine zentrale Steuerung.

© SZ/Reuters/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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