Vermögensstudie:Äpfel mit Birnen

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Die acht reichsten Männer der Erde besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, behauptet Oxfam. Das ist zwar anschaulich, statistisch aber schwierig: Die Organisation vergleicht, was man nicht vergleichen kann.

Von Bastian Brinkmann

Ungleichheit ist derzeit eines der meistdiskutierten Probleme, und um sie anschaulich zu beschreiben, helfen Vergleiche. Etwa dieser: Die acht reichsten Männer der Erde besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, behauptet Oxfam. Im vergangenen Jahr hatte die Hilfsorganisation noch verkündet, das Vermögen der 62 reichsten Personen entspreche dem der ärmeren Hälfte. Und jetzt nur noch acht Leute! Ist das nicht der Beweis, dass die Welt vor die Hunde geht?

Nein. Denn die Zahl acht ist ziemlich sicher falsch. Oxfam veröffentlicht immer zum Wirtschaftstreffen in Davos den Ungleichheitsvergleich. Die Studie ist nicht wissenschaftlich, sie nutzt keine modernen Berechnungsmethoden. Sie vergleicht Äpfel mit Birnen.

Die Äpfel stehen im Vermögensbericht der Bank Credit Suisse: Darin schätzen die Autoren, wie viel Vermögen die ärmste Hälfte der Welt besitzt. Nach ihrem Verständnis entspricht es der Summe der Ersparnisse nach Abzug aller Schulden. Die Birnen stehen auf der sogenannten Forbes-Liste: Das Magazin veröffentlich einmal im Jahr ein Ranking der reichsten Menschen der Welt. Oxfam zählt dann einfach die Forbes-Liste von oben herunter, bis das geschätzte Vermögen der aufgezählten Personen die Summe erreicht, die Credit Suisse für die ärmste Hälfte nennt.

Die acht Menschen oben sind der häufige Davos-Gast Bill Gates, der Gründer der Modekette Zara, Amancio Ortega, der Investor Warren Buffett, der mexikanische Unternehmer Carlos Slim, Amazon-Gründer Jeff Bezos, Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, Larry Ellison von der IT-Firma Oracle und Michael Bloomberg von der Finanzagentur.

Die Credit-Suisse-Daten sind für einen Vergleich oben gegen unten nicht optimal. Ein amerikanischer Student etwa zählt in diesen Daten zu den ärmsten 50 Prozent, auch wenn er aus der Mittelklasse kommt und nach der Uni an der Wall Street sehr viel Geld verdienen wird. Denn im Studium ist der junge Mann verschuldet - hat also negatives Vermögen. Viele Menschen in Entwicklungsländern bekommen gar keine Kredite. Sie können also gar nicht auf die hinteren Plätze fallen, obwohl sie objektiv ärmer sind als der Student. Ein anderes Beispiel ist ein deutscher Rentner, der gerade einen kleinen Kredit aufgenommen hat, etwa, um ein Auto zu kaufen. Hat der Rentner kein Haus oder sonstiges Vermögen, ist er in der Oxfam-Berechnung ärmer als ein Bauer in Burundi.

Ein grober Vergleich kann zur Verdeutlichung eines Problems helfen. Oxfam hat die Zahl acht aber in der Pressemitteilung als objektive Wahrheit kommuniziert. Noch im Vorjahresvergleich prangerte Oxfam die reichsten 62 Menschen an - dieses Jahr nun nutzte die Organisation andere Vermögensdaten der ärmsten Hälfte. Deswegen unterscheiden sich die Ergebnisse so krass. Die Organisation weist ausdrücklich auf die neue Methode hin, das ist transparent und vorbildlich. Hätte sie schon 2016 die gleichen Daten wie 2017 benutzt, wäre sie nicht auf 62 gekommen, die Zahl war also falsch. Oxfam sagt dazu: "Unser Bericht will keine Wissenschaft sein und gibt das auch nicht vor."

Am Ende sei gar nicht wichtig, wie viele Reiche mehr als die Hälfte des Vermögens besäßen. Es sei so oder so ein Skandal.

© SZ vom 17.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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