Verkehrspolitik:Zu wenig Schiene

Lesezeit: 1 min

Wird man nach 2024 häufiger sehen: Ein Arbeiter erneuert Gleise. (Foto: snapshot-photography/imago images)

Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen kritisiert die Bundesregierung. Sie investiere vor allem in das Straßennetz statt in Gleise.

Von Marco Völklein, München

Das Straßennetz in Deutschland ist in den vergangenen 25 Jahren deutlich stärker gewachsen als das Schienennetz. Das geht aus einer Zusammenstellung des Netzwerks Europäischer Bahnen (NEE) hervor. Demnach wuchs das Straßennetz von 1994, dem Jahr der Umwandlung der Bundesbahn in eine bundeseigene Aktiengesellschaft, um fast 250 000 Kilometer. Das Netz an Eisenbahnstrecken wurde innerhalb dieses Zeitraums nur um 1709 Kilometer neue Trassen erweitert beziehungsweise wurden bestehende Strecken nennenswert ausgebaut. Die Zahlen zeigten, sagt NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger, "dass der Bund beziehungsweise die öffentliche Hand insgesamt seit vielen Jahren ihren Aufgaben als Verantwortliche für die Schieneninfrastruktur nicht ausreichend nachgekommen sind".

Die Daten umfassen laut NEE nicht nur den Neubau an Bundesfernstraßen, vielmehr sind auch alle Straßen in Oberhoheit der Länder und Kommunen erfasst. Dem gegenübergestellt wurden die Neu- und Ausbaumaßnahmen des Bundes für den Schienenverkehr. Auf die Erfassung von Schienenprojekten auf Landes- und kommunaler Ebene habe man verzichtet, sagt Westenberger, da die Bundesländer praktisch keinerlei Schienenausbau vorgenommen hätten und auf der kommunalen Ebene allenfalls einige U-Bahnen, Straßen- sowie Hafenbahnen erweitert wurden.

Nicht berücksichtigt sind bei der Erhebung außerdem Ausbaumaßnahmen wie zusätzliche Fahrspuren, die an bestehende Autobahnen angestückelt wurden. Dafür lägen nicht genügend Daten vor, sagt Westenberger. Er geht aber davon aus, "dass Kapazitätszuwachs, den die öffentliche Hand der Straße verschafft hat, noch deutlich höher liegen dürfte, als es die Längenentwicklung alleine ausdrückt".

Weitaus negativer für den Verkehrsträger Schiene falle die Bilanz zudem aus, wenn man nur den Güterverkehr betrachte. In den vergangenen 25 Jahren seien lediglich fünf Projekte realisiert worden, die rein für den Warentransport auf der Schiene ausgelegt seien - beispielsweise die Anbindung des Jade-Weser-Ports bei Wilhelmshaven an das bundesweite Schienennetz. Unterm Strich seien die Kapazitäten rein für den Schienengüterverkehr binnen 25 Jahren um lediglich 120,5 Kilometer erweitert worden. Im NEE haben sich etwas mehr als 50 Schienengüterverkehrsunternehmen zusammengeschlossen. Wer mehr Verkehr, insbesondere mehr Warentransporte, auf die Schiene bringen wolle, der müsse eine "neue, belastbare Investitionsstrategie des Bundes" auflegen, fordert Westenberger. Länder und Kommunen müssten "in die planerische Gesamtverantwortung" eingebunden werden.

© SZ vom 30.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: