Niedernhausen (dpa/lhe) - Zu schwer beladene Lastwagen sind nicht nur gefährlich, sie zerstören auch die Straßenbrücken. Daher sollen überladene Lkw künftig effektiver entdeckt und aus dem Verkehr gezogen werden. Um dies zu erreichen, haben die Autobahn GmbH des Bundes und das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) am Mittwoch auf dem Theißtal-Parkplatz an der A3 im hessischen Niedernhausen (Rheingau-Taunus-Kreis) eine Kooperationsvereinbarung unterschrieben. Sie sieht den Bau und Betrieb von insgesamt 16 digitalen Gewichtskontrollstellen an Rastplätzen entlang der meistbefahrenen Autobahnen in Deutschland vor.
„Wir werden für eine höhere Verkehrssicherheit sorgen“, kündigte BALM-Präsident Christian Hoffmann an. Es sei theoretisch möglich, an jeder dieser Kontrollstellen bis zu 500 Fahrzeuge täglich zu überprüfen. Die Pilotanlage soll im Oktober nächsten Jahres am Parkplatz Rur-Scholle auf der A4 in der Nähe von Düren in Nordrhein-Westfalen in Betrieb gehen. Bis 2028 werden die anderen 15 Kontrollstellen gebaut. An welchen Autobahnen sie errichtet werden, steht nach Auskunft von Stephan Krenz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Autobahn GmbH, derzeit noch nicht fest. Die Kosten für eine solche Anlage betragen rund 2,5 Millionen Euro.
„Wir haben ein großes Problem mit unserer Infrastruktur“, sagte der Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik, Oliver Luksic (FDP), und führte dies auch auf die Zunahme des Lkw-Verkehrs zurück. Daher sei die Ladungskontrolle enorm wichtig. Er monierte bei den derzeitigen Kontrollen ein „Handlungsdefizit“, das mit den neuen Kontrollstellen behoben werden könne. Die Dimension des Problems verdeutlichte Krenz: „Wir haben 28 000 Brückenbauwerke in Deutschland, von denen wir in den nächsten zehn Jahren 4000 dringend in Ordnung bringen müssen.“ Laut Krenz belastet ein 40-Tonner, der über eine Brücke fährt, das Bauwerk ebenso wie 25 000 Pkw. „Wenn wir die Gewichte der Lkw nicht besser kontrollieren, dann werden uns durch überladene Lkw die Brücken kaputtgefahren“, stellte er klar.
Die stationären Gewichtskontrollstellen bestehen aus drei Teilen. Einige Kilometer vor dem Rastplatz sind Sensoren in die Fahrbahndecke eingelassen. Diese erkennen anhand der Achslasten, ob ein Lkw überladen sein könnte. Besteht der Verdacht, wird der Fahrer auf den Rastplatz geleitet. Dort muss er mit einer Geschwindigkeit von fünf bis zehn Stundenkilometern über einen Sonderfahrstreifen fahren. In der Fahrbahn ist eine Waage installiert, die eine mögliche Überladung gerichtsfest ermittelt. Ist die Ladung zu schwer, darf der Lkw nicht weiterfahren und es wird ein Bußgeld verhängt.
„Wir begrüßen es, wenn die Gewichtskontrollen für Lkw künftig effektiver und weniger personalintensiv durchgeführt werden“, kommentierte ADAC-Sprecherin Katharina Luca die Kooperationsvereinbarung. Derzeit sei es umständlich, die Lastwagen herauszuwinken und dann zum Wiegen zu bringen. Gewichtskontrollstellen könnten dieses Verfahren ihrer Einschätzung nach erheblich vereinfachen. „Verkehrssicherheit ist oberstes Gebot“, sagte Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Er äußerte aber auch die Bitte, mit „Augenmaß“ zu kontrollieren.
Als Beispiel nannte Engelhardt einen mit 33 Paletten beladenen Sattelzug. „Das Problem ist nicht das Gesamtgewicht, sondern das sind die Teilentladungen. Wenn beim ersten Halt zwei oder drei Paletten entladen werden, kann es zu einer Überladung der Antriebsachse kommen“, erklärte der Vorstandssprecher. Er plädierte für eine Expertenstudie, in der neue Fahrzeugkonzepte wie etwa Lkw mit mehr als fünf Achsen untersucht werden könnten.
© dpa-infocom, dpa:230531-99-891608/2