Verkehr:Fahrrad-Club fordert Neuanlauf für Straßenverkehrsgesetz

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Radfahrer fahren auf einem Radweg. (Foto: Friso Gentsch/dpa/Symbolbild)

Das Land Nordrhein-Westfalen will dieses Jahr wieder Millionen Euro in Radwege investieren. Das findet auch der Fahrrad-Club ADFC gut, fordert aber auch den Abbau von gesetzlichen Hürden.

Von Dorothea Hülsmeier, dpa

Düsseldorf (dpa/lnw) - Die schwarz-grüne Landesregierung investiert auch in diesem Jahr wieder Millionen-Summen in den Ausbau der Radwege in Nordrhein-Westfalen. Geld allein aber reicht nicht, findet Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC). Um den Bau von Radwegen zu vereinfachen und die Sicherheit der Radfahrer zu stärken, fordert der ADFC NRW einen Neuanlauf für das im Bundesrat gescheiterte Straßenverkehrsgesetz - und sieht dabei Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in der Pflicht.

Mehr als 38 Millionen Euro will die schwarz-grüne Landesregierung in diesem Jahr in den Bau und Erhalt von Radwegen an Landesstraßen investieren, wie Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) am Donnerstag in Düsseldorf mitteilte. 15,4 Millionen Euro fließen demnach in den Bau neuer Radwege und 23 Millionen Euro in den Erhalt bestehender Trassen.

Im Vorjahr 2023 hatte das Land zwar noch 43 Millionen Euro für den Ausbau und Erhalt von Radwegen bereitgestellt, diese höhere Summe sei jedoch auf eine Einmalzahlung im Haushalt zurückzuführen gewesen, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums. 2022, im Jahr des Amtsantritts der schwarz-grünen Koalition, waren nur 30 Millionen Euro bereitgestellt worden.

Ehrgeizige Ziele der Landesregierung

Schwarz-Grün in NRW will bis zum Ende der Legislaturperiode 2027 zusätzlich 1000 Kilometer neue Radwege im bevölkerungsreichsten Bundesland schaffen und so ein möglichst flächendeckendes Radverkehrsnetz herstellen. 2023 wurden nach Angaben des Ministeriums insgesamt 78,5 Kilometer Radwege in NRW neu gebaut.

Geld ist nach Ansicht des ADFC nur eine Komponente beim Bau von Radwegen. „Wir werfen dem Land sicherlich nicht vor, dass es zu wenig Geld in die Hand nimmt oder zu wenig tut“, betonte der Landesvorsitzende Axel Fell. NRW sei in Bezug auf die Fahrradpolitik vorbildlich in Deutschland. Jedoch fehle auch Personal, sagte Fell. Als positiv stellte er heraus, dass es inzwischen eine Stiftungsprofessur des Landes gebe, die dafür sorgen solle, dass mehr Ingenieure für den Radwegebau ausgebildet würden.

Auch die Ko-Landesvorsitzende Rebecca Heinz sagte, das Problem beim Radwegebau sei aktuell weniger die Finanzierung. Vielmehr würden Fördertöpfe oftmals nicht vollständig abgerufen, weil die Planungen in den Kommunen so langwierig seien und auch schlichtweg das Personal fehle.

Zu wenig Tempo bei Radschnellwegen

Insgesamt fließt dieses Jahr in NRW sogar noch mehr Geld in die Erweiterung der Radwegeinfrastruktur. So gibt der Bund sechs Millionen Euro für Radwege an Bundesstraßen, und zehn Millionen Euro investiert das Land in Radschnellverbindungen. Der ADFC kritisierte allerdings erneut den seit zehn Jahren schleppenden Ausbau der Radschnellwege. Von den sechs geplanten Radschnellwegen sei so gut wie noch gar nichts gebaut, sagte Fell.

Auch beim Ende 2021 von der damaligen Koalition aus CDU und FDP beschlossene Fahrradgesetz zur Stärkung des Radverkehrs in Nordrhein-Westfalen sieht der ADFC noch Handlungsbedarf. Immerhin seien in den Verwaltungen schon entsprechende Strukturen geschaffen worden, sagte Fell.

Der Anteil des Radverkehrs am Verkehrsaufkommen in NRW soll mit dem Gesetz von damals 9 auf künftig 25 Prozent gesteigert werden. Eine zeitliche Frist gibt es nicht. Das Gesetz ging auf den Erfolg einer Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“ zurück, die mehr als 200 000 Unterschriften gesammelt hatte und war daraufhin vom Haus des damaligen Landesverkehrsministers Wüst ausgearbeitet worden.

Fahrrad-Club fordert Neuanlauf für Straßenverkehrsgesetz

Nach dem Scheitern des Gesetzes zu neuen Regelungen im Straßenverkehr im Bundesrat appellierte der Fahrrad-Club nun an Ministerpräsident Wüst, im Kreise der Länderchefs einen Neuanlauf für das Straßenverkehrsgesetz zu unternehmen. Es sei bekannt, dass derzeit ein Kompromissvorschlag von den Ländern erarbeitet werde, sagte Heinz. Auch das NRW-Verkehrsministerium bestätigte auf Anfrage, dass es Gespräche zwischen Bund und Ländern gebe.

Das vom Bundestag beschlossene neue Straßenverkehrsgesetz hatte vergangenes Jahr im Bundesrat die erforderliche Mehrheit verfehlt. Die Reform des Straßenverkehrsgesetzes und die darauf basierende Novelle der Straßenverkehrsordnung soll Städten und Gemeinden mehr Spielraum geben, etwa für die Einrichtung von Busspuren und Tempo-30-Zonen.

Der Fahrrad-Club verwies auf die Bedeutung des neuen Straßenverkehrsgesetzes auch für den beschleunigten Bau von Radwegen und Sicherheit. Aktuell gebe es in der kommunalen Praxis erhebliche bürokratische Hürden, wenn neue Radwege oder Tempo 30-Zonen eingerichtet werden sollten. Dies scheitere oft an dem geltenden Straßenverkehrsgesetz, weil zuvor Verkehrszählungen oder Unfallstatistiken erhoben werden müssten. Auch die Umwandlung von bisherigen Auto-Parkplätzen in Abstellflächen für Fahrräder werde oft von Gerichten gekippt.

Der ADFC fordert unter anderem eine Klausel für das neue Gesetz, die innovative Entwicklungen wie etwa den vermehrten Einsatz von großen Lastenrädern berücksichtige. Auch das Ziel, dass niemand im Straßenverkehr zu Schaden kommen soll („Vision Zero“), solle im Gesetz verankert werden.

SPD wirft Schwarz-Grün Blockade vor

Die SPD-Opposition im NRW-Landtag warf der schwarz-grünen Landesregierung eine Blockade der Novelle des Straßenverkehrsrechts vor. „Es ist enttäuschend, dass die Bundesländer - und völlig unverständlich auch NRW - mehr Entscheidungsspielräume für die Kommunen blockiert haben“, sagte der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Justus Moor. NRW hatte sich Ende 2023 im Bundesrat bei der Abstimmung über das neue Verkehrsrecht enthalten. Die Grünen waren für die Novelle, die CDU dagegen. Dies hatte zu Verstimmungen in der NRW-Koalition geführt.

Der Grünen-Fraktionssprecher für Verkehr, Martin Metz, sagte: „Was im November im Bundesrat auf dem Tisch lag, war noch kein großer Wurf, aber ein merklicher Fortschritt.“ Dass es im Bundesrat dafür keine Mehrheit gegeben habe, sei bedauerlich. Mehr als 150 Kommunen allein in NRW hätten sich zusammengeschlossen zu einer Initiative, die ein neues Straßenverkehrsrecht und die Anrufung des Vermittlungsausschusses im Bund fordere. Er sei zuversichtlich, dass alle Handelnden sich zusammenraufen wollten und an einer Einigung arbeiteten, sagte Metz.

© dpa-infocom, dpa:240307-99-254020/4

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