Verkehr:Bundesbehörde fordert Tempo 30 als Standard in Städten

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Ein Schild weist auf eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Kilometer pro Stunde hin. Foto: Markus Scholz/Illustration (Foto: dpa)

Berlin (dpa) - Tempo 30 in der Stadt - und zwar auf allen Straßen: Das fordert das Umweltbundesamt. "Tempo 30 sollte auf allen Straßen in der Stadt gelten", sagte Präsidentin Maria Krautzberger der Deutschen Presse-Agentur.

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Berlin (dpa) - Tempo 30 in der Stadt - und zwar auf allen Straßen: Das fordert das Umweltbundesamt. "Tempo 30 sollte auf allen Straßen in der Stadt gelten", sagte Präsidentin Maria Krautzberger der Deutschen Presse-Agentur.

"Tempo 30 bringt bessere Luft, flüssigeren Verkehr und weniger Unfälle - und man ist in der Regel genauso schnell unterwegs." Zwar könnten auf bestimmten Straßen auch höhere Geschwindigkeiten erlaubt werden, aber 30 Stundenkilometer solle die Regel sein.

In einem Papier mit dem Titel "Stadt für Morgen" nennt das Umweltbundesamt (UBA) die Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit bei den kurzfristigen Zielen bis 2020. Dafür müsse die Straßenverkehrsordnung geändert werden. Dort heißt es bisher, die zulässige Höchstgeschwindigkeit betrage innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 Kilometer pro Stunde.

Im Bundesverkehrsministerium hält man wenig von einer generellen Tempo 30-Regelung. Dies sei nicht geplant, teilte das Bundesverkehrsministerium dazu mit. Sie schränke die Entscheidungsfreiheit der Kommunen ein und bremse den Verkehrsfluss auf den Hauptverkehrsstraßen unverhältnismäßig, auf denen zwei Drittel des Verkehrs innerorts abgewickelt werde. Die geltende Regelung sei ausreichend und ermögliche den Behörden, in Wohngebieten Tempo-30-Zonen anzuordnen und zum Beispiel vor Schulen und Kitas auch auf Hauptverkehrsstraßen Tempo 30 vorzuschreiben. Dafür war im Vergangenen Dezember die Straßenverkehrsordnung geändert worden.

Neben fachlichen Untersuchungen brauche es auch eine "breite gesellschaftliche Diskussion", heißt es in einem weiteren UBA-Papier. In den 70er und 80er Jahren sei "sehr kontrovers" über Tempo-30-Zonen in Wohngebieten debattiert worden. Inzwischen seien diese Zonen gesellschaftlicher Konsens.

Die erste Tempo-30-Zone in Deutschland war ein Modellversuch im November 1983 in der niedersächsischen Hansestadt Buxtehude. Viele weitere Städte folgten. Eine bundesweite Statistik zur Zahl der Zonen gibt es laut Verkehrsministerium nicht.

"Tempo 30 ist in Wohngebieten heute fast üblich", sagte ein Sprecher des ADAC. "Aber wir haben immer ein Problem damit auf Hauptverkehrsstraßen." Er verwies auf eine Untersuchung im Auftrag des Automobilclubs vom vergangenen Herbst, der zufolge Autos bei Tempo 30 nicht weniger CO2 und Stickoxide ausstoßen als bei Tempo 50. Der ADAC argumentiert, dass Autofahrer vor allem zu verkehrsarmen Zeiten wie am Wochenende oder nachts ausgebremst würden. Zudem könne der Verkehr in Wohngebieten dann zunehmen, da die Route über Hauptstraßen nicht schneller sei.

Die Grünen wollen Kommunen die Möglichkeit geben, "eigenständig und unbürokratisch" über Tempo 30 auch auf Hauptverkehrsstraßen innerorts zu entscheiden - nicht nur, wenn dort etwa eine Grundschule oder ein Altenheim stünden, die es die Regelung vom Dezember vorsehe. "Ab Tempo 30 steigt die Unfallschwere dramatisch an", heißt es zur Begründung in einem Antrag der Bundestagsfraktion von Ende März.

Der Vorstoß des Umweltbundesamtes für Tempo 30 auf allen Straßen in den Städten stößt in Berlin auf Widerspruch. CDU-Fraktionschef Florian Graf sprach von einem "weiteren Angriff auf die Autofahrer". "Diesen weisen wir mit aller Entschlossenheit zurück", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Die Verkehrspolitik darf nicht zum ideologischen Kampffeld werden. Durch die neuerliche Forderung wird abermals versucht, den Individualverkehr auszubremsen und die Bevölkerung zu bevormunden." Bisherige Regelungen für Tempo 30 seien ausreichend.

Das sieht auch FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja so. "Nur weil manche Behörden im Schneckentempo agieren, muss nicht der verkehrspolitische Stillstand gefordert werden", sagte er der dpa. Wer Städte flächendeckend zu verkehrsberuhigten Zonen deklassieren wolle, schade allen Verkehrsteilnehmern. "Stop&Go, Staus und damit mehr Emission kann man auch durch ein kluges Verkehrsmanagement und -konzept verhindern."

In Berlin will Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos/für die Grünen) diese Höchstgeschwindigkeit auf einigen Hauptstraßen einführen, um die hohe Stickoxidbelastung zu reduzieren.

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