Verbraucher:Analyse: Für Kinder vertragen sich Netz und Bücherlust

Berlin (dpa) - Die Kinder von heute hocken nur noch vor Laptops und unterhalten sich vor allem per Smartphone? Fachleute halten diese Angst vieler Erwachsener für unberechtigt. Eltern sorgen selbst fürs Bücherlesen bei ihren Kindern, wie eine Analyse zeigt.

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Berlin (dpa) - Die Kinder von heute hocken nur noch vor Laptops und unterhalten sich vor allem per Smartphone? Fachleute halten diese Angst vieler Erwachsener für unberechtigt. Eltern sorgen selbst fürs Bücherlesen bei ihren Kindern, wie eine Analyse zeigt.

Kinder in Deutschland sind online auf dem Vormarsch. Sie surfen immer häufiger im Internet und besitzen immer mehr eigene Handys, Smartphones, Tablets und Computer. Dennoch hat das gute alte Buch nicht ausgedient. Auch klassische Kinderzeitschriften wie "Micky Maus" und "Wendy" erfreuen sich großer Beliebtheit bei den 6- bis 13-Jährigen. Das seriös gemachte Wissensheft "Geolino" schafft gar einen Zuwachs um 21,6 Prozent in diesem Jahr. Das zeigt die KidsVerbraucherAnalyse 2014, die der Egmont Ehapa Media Verlag vorstellte.

"Printprodukte haben bei Kindern nach wie vor eine hohe Relevanz. Sie werden vor allem für die Ausbildung der Sprache und zum Lernen genutzt", sagt Verlagsgeschäftsführer Jan Puhlmann. So schmökern 77 Prozent - 4,5 Millionen der 6- bis 13-Jährigen - mindestens einmal in der Woche in einem Buch. 74 Prozent (4,3 Millionen) orientieren sich in Zeitschriften und blättern sie zu 90 Prozent vollständig durch. 83 Prozent dieser Kids haben das Gefühl dabei: "Ich kann etwas lernen."

Das ist zwar ein Rückgang im Vergleich zu 2013 um 4 Punkte bei der Bücher- und fast 8 Punkte bei der Zeitschriften-Lektüre. Puhlmann sieht darin aber keinen dramatischen Trend: "Bücher, Zeitschriften und auch klassisches Spielzeug wie Brett- und Kartenspiele, Puppen, Autos und Stofftiere sind aus deutschen Kinderzimmern nicht wegzudenken."

Gewonnen hat der Verlag seine Erkenntnisse aus den seit mehr als 20 Jahren geführten Interviews zu Wünschen, Interessen und Konsumverhalten der Kinder. 2014 wurden 1660 Eltern und deren Kinder (6 bis 13 Jahre) sowie 397 Elternpaare von 4- und 5-jährigen Kindern befragt. Sie stünden repräsentativ für 5,83 Millionen deutschsprachige Kinder von 6 bis 13 Jahren aus allen Schichten sowie für 1,39 Millionen Vorschüler im Alter von 4 und 5 Jahren, hieß es.

82 Prozent der Kinder (4,8 Millionen) wissen heute, wie man Computer, Laptops, Tablets und Smartphones handhabt. Selbst jedes dritte Vorschulkind kann das. Nahezu jeder 10- bis 13-Jährige (97 %) und die Hälfte der 6- bis 9-Jährigen (51 %) nutzt das Internet, um vor allem Infos für die Schule zu sammeln und Emails zu schreiben (je 40 %) oder online zu spielen (32 %).

Auch die tägliche Internetnutzung wächst, um 7 Punkte auf 56 Prozent bei den Älteren. "Die digitale Volljährigkeit beginnt heute ab 10 Jahren", resümiert Puhlmann. Vor allem die Eltern setzten ihren Sprösslingen auch strenge Regeln bei der Internetnutzung. Das gelte vor allem für die 6- bis 9-Jährigen.

"Die Eltern achten auf einen frühen Zugang zum Lesen und zur Sprachbildung ihrer Kinder", sagt der Fachmann. Deshalb schauen 80 Prozent (1,1 Millionen) der 4- und 5-Jährigen mindestens einmal pro Woche mit den Eltern ein Buch an oder bekommen es vorgelesen. Klassiker wie "Benjamin Blümchen", "Winnie Puh" und "Prinzessin Lillifee" werden demnach generationenübergreifend gelesen und gewannen 2014 noch zwischen 22 000 und 27 000 Käufer dazu.

Dass Kinder weiterhin gern zu Büchern und Zeitschriften greifen, deckt sich mit den langjährigen Beobachtungen der Stiftung Lesen. "Seit 1998 ist dieser Wert stabil", sagt Simone Ehmig, Leiterin der Abteilung Forschung und Studienergebnisse bei der Stiftung in Mainz. "Danach liest die Hälfte der Kinder mindestens einmal pro Woche in einem Buch oder Zeitschriften."

Das sei angesichts des starken Anstiegs der Computer- und Internetnutzung von Kindern schon bemerkenswert. "Online-Medien verdrängen das Lesen in klassischen Büchern nicht", sagte die Lese-Expertin. Es sei ideal, dass Kinder gleichberechtigt alle Angebote nutzten, die auch in ihrer Lebensrealität vorhanden seien.

"Beide Mediengattungen - Print und Internet - können auch in Zukunft wunderbar miteinander existieren", meint Puhlmann. Bücher und Zeitschriften hätten den Vorteil, nicht an die Steckdose gebunden zu sein und überall mit hingenommen werden zu können. Elektronische Medien würden mehr zum Spielen, Kommunizieren und Vertiefen der Interessen genutzt. Den Printmedien riet Puhlmann: "Die Verlage sollten darauf achten, dass die Eltern Zeitungen lesen. Dann lesen die älteren Kinder auch mit."

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