Urteil zum Emissionshandel:Europäischer Gerichtshof verdonnert US-Airlines zum Klimaschutz

Lesezeit: 2 min

Die EU darf auch nichteuropäische Fluglinien zwingen, Emissionrechte zu kaufen. Das hat der EuGH entschieden. Für die Kläger, zwei US-Airlines, ist das eine Niederlage. Die hiesige Luftfahrtbranche fürchtet nun amerikanische Vergeltung. Umweltverbände loben das Urteil.

Die verpflichtende Teilnahme von Fluggesellschaften am EU-Emissionshandel ist rechtens. Das hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) entschieden. Er folgte damit der Empfehlung von Generalanwältin Juliane Kokott.

Die Einbeziehung ausländischer Fluglinien in den EU-Handel mit Luftverschmutzungsrechten ist einem Urteil des EuGH zufolge erlaubt. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Damit steht die Luftfahrtbranche nun vor einem heftigen Streit. Denn nach dem Urteil müssen sich auch amerikanische, chinesische und indische Airlines am europäischen Emissionshandelssystem beteiligen, und zwar schon von Januar 2012 an. Alle Fluggesellschaften müssen von diesem Zeitpunkt an Zertifikate für den Ausstoß von Kohlendioxid kaufen, den sie durch Starts und Landungen in Europa verursachen.

Gegen die Teilnahme hatten die amerikanische Luftfahrt-Organisation Air Transport Association of America (ATA; heute: Airlines for America, A4A), sowie die Fluggesellschaften American Airlines und United Continental vor dem London High Court of Justice geklagt. Auch chinesische und indische Luftfahrtunternehmen waren gegen dieser Regelung Sturm gelaufen. Sie hielten es für unzulässig, auch außereuropäische Gesellschaften zur Teilnahme zu verpflichten. Das britische Gericht hatte den Fall nach Luxemburg überwiesen.

Die Regelung verletze nicht die Souveränität fremder Staaten, argumentierten nun die Europa-Richter. Zwar werde für die Berechnung des CO2-Ausstoßes die gesamte Flugstrecke zugrunde gelegt, auch außerhalb der EU. Das sei jedoch zulässig, weil nur Flüge in und aus dem EU-Hoheitsgebiet betroffen seien (Rechtssache C-366/10).

Auch das sogenannte Open-Skies-Abkommen sieht der EuGH nicht verletzt. Das Abkommen soll die gegenseitige Benachteiligung amerikanischer und europäischer Fluggesellschaften verhindern. Der EU-Emissionshandel sei nicht diskriminierend, weil alle Unternehmen betroffen seien.

US-Außenministerin Hillary Clinton drohte bereits im Vorfeld des Urteils mit Vergeltungsmaßnahmen, sollte der EuGH nicht im Sinne der Fluglinien entscheiden. In einem Brief an führende Vertreter der EU-Kommission soll Clinton Berichten zufolge gemeinsam mit US-Verkehrsminister Raymond LaHood gedroht haben, "angemessene Maßnahmen zu ergreifen", sollte die EU ihre Pläne nicht überdenken.

Das könnte etwa bedeuten, dass die Landerechte europäischer Fluglinien in den USA eingeschränkt werden - mit spürbaren wirtschaftlichen Folgen. Aus Angst vor einem Handelskrieg hatten bereits zahlreiche Politiker eine Aufschiebung der neuen Emissionsregelung gefordert. Deutschland, das einseitige Nachteile für deutsche und europäische Fluglinien befürchtet, hatte sich für eine "wettbewerbsneutrale Lösung" eingesetzt.

EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard hingegen zeigte sich "sehr zufrieden" mit dem Urteil. "Wir erwarten nun, dass sie [US-Fluglinien] europäisches Recht respektieren", teilte sie mit.

Auch Umweltverbände und die Grünen lobten die EuGH-Entscheidung: Es sei "wichtig, dass die EU bei ihrer Position bleibt und sich nicht von den Drohungen insbesondere aus den USA einschüchtern" lasse, sagte Hermann Ott, klimapolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bezeichnete das Urteil "Sieg der Vernunft" . Die Entscheidung sei ein Schritt zu mehr Wettbewerbsgerechtigkeit. Derzeit gingen etwa fünf Prozent des vom Menschen verursachten Treibhauseffekts auf das Konto des Luftverkehrs. Tendenz steigend. Aber: "Mit der Beteiligung der Airlines am Emissionshandel und mit der Ticketsteuer wird das Fliegen nicht umweltfreundlich", sagte BUND-Verkehrsexperte Werner Reh.

Die versteckten Kosten des Luftverkehrs würden sich künftig aber etwas stärker im Flugpreis widerspiegeln. "Fliegen günstiger als eine Taxifahrt oder spottbilliges Städte-Shopping per Flugzeug zum Shoppen wird es nicht mehr geben. Das ist gut für die Umwelt und die Kunden", sagte Reh. Nach Berechnungen der EU-Kommission könnte ein Ticket für einen Langstreckenflug somit bis zu zwölf Euro teurer werden.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/Reuters/dapd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: