Unabhängige Institution soll Nothilfe leisten:Neuer Vorstoß zur Rettung des Euro

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Die Bundesregierung plant mit mehreren Euroländern ein Konzept für einen Europäischen Stabilitätsfonds. Dabei soll nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" eine neue Institution die Mitgliedsländer disziplinieren. Paris fordert darüber hinaus eine starke europäische Wirtschaftsregierung - ohne die Briten.

Mehrere Eurostaaten bereiten einen endgültigen Rettungsplan für den Euro vor, der die Spekulationen gegen die Gemeinschaftswährung beenden soll. Zentrale Bedeutung erhält dabei nach Informationen der Süddeutschen Zeitung eine neue Institution zur Nothilfe und zur Disziplinierung der Mitgliedsländer. Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde forderte darüber hinaus, eine starke europäische Wirtschaftsregierung aus den 16 Staaten der Euro-Gruppe zu bilden und Großbritannien explizit auszuschließen.

Rettungsplan für den Euro: Ein Stabilitätsfonds soll die Währung absichern. (Foto: dpa)

In der Vorbereitung des nächsten Treffens der Euro-Finanzminister Mitte Januar in Brüssel bemühen sich mehrere Staaten um ein geschlossenes Rettungskonzept für den Euro. Neben Irland, Finnland und den Niederlanden hat sich nach Informationen der SZ vor allem die Bundesregierung mit einem Papier zu Wort gemeldet, in dem detailliert Struktur und Regeln für einen "Europäischen Stabilitäts- und Wachstums-Investmentfonds" beschrieben werden.

Der Fonds soll den Überlegungen zufolge als zweite Institution neben der Europäischen Zentralbank (EZB) eigenständig und politisch weitgehend unabhängig die zweitgrößte Reservewährung der Welt absichern. Er wird Euroländern "Hilfen in der Not" anbieten und sie zugleich dazu zwingen, nach strengen Regeln zu wirtschaften.

Deutschland habe ein "nationales Interesse am Fortbestand des Euro mit allen Mitgliedern", heißt es in dem Positionspapier, das in den nächsten Wochen in den europäischen Abstimmungsprozess eingespeist wird. Der Euro müsse sich allerdings "an deutschen Stabilitätsinteressen orientieren". Das sei "eine Gegenleistung dafür, dass Deutschland als größte Volkswirtschaft im Euroraum den Stabilitätsanker bilden soll".

Der Fonds müsse grundsätzlich "unbegrenzt refinanzierungsfähig" sein, um die Währung zu sichern, heißt es. Dafür sollen die einzelnen Euroländer anteilig Bürgschaften bereitstellen. Jegliche Hilfen werden nur unter strengen Bedingungen gewährt. Notleidende Euroländer können sich an den Fonds wenden, wenn sie für neue Kredite werthaltige Sicherheiten bereitstellen. Das können Goldreserven oder staatliche Unternehmensanteile sein.

Frankreichs Finanz- und Wirtschaftsministerin Lagarde sagte in einem Interview mit der SZ, dass ihr Land eine starke europäische Wirtschaftsregierung ohne Großbritannien anstrebe. London dürfe "nicht alle anderen aufhalten", die Wirtschaftsregierung müsse die 16 Eurostaaten umfassen. Hinzukommen könnten weitere EU-Länder. Lagarde bezeichnet dies als "Formel 16 plus". Sie forderte, die Wirtschaftsregierung müsse stets zustimmen, wenn ein Land wirtschaftspolitische Entscheidungen treffe, die sich auf die anderen Staaten auswirkten. Dabei müssten die Staats- und Regierungschefs "das letzte Wort haben".

Lagarde bezweifelte, dass eine solche Vertiefung der Europäischen Union mit allen 27 EU-Staaten erreicht werden kann. Sie regte an, eine europäische Schiedsstelle für die Wirtschaftspolitik zu schaffen, an deren Urteile dann nationale Behörden gebunden seien.

Die Ministerin räumte ein, der Griechenland-Rettungsplan und der Rettungsschirm seien nicht vom Vertrag von Lissabon gedeckt gewesen. "Trotzdem haben wir ein umfassendes Rettungssystem geschaffen." Kanzlerin Angela Merkel hatte dagegen betont, die Rettung habe nicht gegen EU-Recht verstoßen. In der Haushaltspolitik will Frankreich die deutsche Sparpolitik übernehmen. "Unser Präsident hat sehr gut verstanden, dass wir sparen müssen," sagte Lagarde.

Von Cerstin Gammelin, Stefan Kornelius, Michael Kläsgen und Stefan Ulrich.

© SZ vom 23.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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