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Dem Bund drohen neue rechtliche Probleme beim Klimapaket. Denn die EU-Kommission in Brüssel will bei staatlichen Hilfen ein Wörtchen mitreden - zum Beispiel bei den Einnahmen aus einer künftigen CO₂-Bepreisung.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Das Beihilferecht zählt fraglos zu den schärferen Schwertern der EU-Kommission. Schätzt Brüssel eine nationale Politik als Beihilfe ein, kann die Kommission weit hineinregieren. Die meisten nationalen Beihilfen sind nämlich am europäischen Binnenmarkt verpönt.

Jahrelang schlugen sich diverse Bundesregierungen mit dem Problem auch beim Ökostrom herum. Minister und Staatssekretäre pilgerten nach Brüssel, um die Beamten dort von der deutschen Ökostrom-Förderung zu überzeugen. Schließlich stand und fiel mit den Hilfen für Sonne, Wind und Co auch die hiesige Energiewende. Die Sache beruhigte sich erst im vorigen Jahr, als der Europäische Gerichtshof Entwarnung gab: Die Förderung sei keine staatliche Beihilfe, entschied der EuGH. Schließlich stamme die Förderung nicht direkt aus staatlichen Kassen; der Staat könne auch nicht direkt darüber verfügen. Denn die Ökostrom-Milliarden kommen nicht aus Steuergeldern, sondern werden per Umlage bei den Stromkunden erhoben. Das Urteil bezog sich zwar nur auf eine bestimmte Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes EEG, aber die Beihilfe-Debatte war damit erledigt.

Bis jetzt. Denn die Bundesregierung will die Einnahmen aus einer künftigen CO₂-Bepreisung an die Bürger ausschütten - unter anderem über eine Senkung der EEG-Umlage. Auch als der Vermittlungsausschuss kurz vor Weihnachten die CO₂-Preise noch einmal anhob, sollten die zusätzlichen Einnahmen in der Hauptsache in die weitere Absenkung fließen. Es sollte ein simpler Weg sein, um Bürger und mittelständische Wirtschaft an den Einnahmen zu beteiligen. An die EU-Kommission hatte da noch keiner gedacht.

Die aber, so legt ein Kurzgutachten der Stiftung Umweltenergierecht dar, dürfte die Neuregelung nun wieder auf den Plan rufen. Zwar sei noch nicht ganz klar, wie genau diese Absenkung vonstattengehen soll, heißt es darin. "Allerdings sind beihilferechtliche Auswirkungen unvermeidbar." Zumal selbst dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs der Boden entzogen würde: Denn die Mittel für die Absenkung kämen diesmal ohne Umweg von den Steuerzahlern. "Damit würden die durch das EuGH-Urteil gewonnenen politischen Freiheitsgrade wieder verloren gehen", heißt es in dem Gutachten. Minister müssten wieder nach Brüssel pilgern.

Es gäbe Abhilfe, doch die ist kompliziert. Der Fördermechanismus ließe sich so aufspalten, dass ein Teil der Ökostrom-Hilfen wie bisher ausgezahlt würde, ein anderer aber direkt aus Steuermitteln. Nur letzterer bräuchte dann den Segen der Kommission. Die Juristen zeigen dafür eine Reihe von Optionen auf, doch eine ist komplizierter als die andere.

Schon beim CO₂-Preis hatte sich der Bund für die komplizierteste aller Varianten entschieden, eine Mischung aus Steuer und Emissionshandel. Juristen haben schon jetzt Zweifel, ob sich das mit Urteilen des Bundesverfassungsgerichts verträgt. Auch bei der Entlastung von Stromkunden hätte es eine andere Variante gegeben: Der Bund hätte die Stromsteuer senken können. "Das wäre rechtlich sicher einfacher gewesen", sagt Thorsten Müller, Kopf der Stiftung Umweltenergierecht. "Und in der Wirkung für Verbraucher zunächst fast identisch."

© SZ vom 10.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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