Umfrage:Deutsche haben Vorurteile gegen Hartz-IV-Empfänger

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Sie wollen nicht arbeiten, sind faul oder zu wählerisch: Viele Deutsche haben Vorurteile gegenüber Beziehern von Arbeitslosengeld II, wie die Arbeitsagentur in einer Umfrage herausgefunden hat. Nun will sie das Image ändern - weil es die Arbeitssuche erschwert.

Viele Deutsche verbinden ein persönliches Motivationsproblem mit Hartz-IV-Empfängern, ergab eine aktuelle Umfrage im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit. Demnach denken 37 Prozent der Befragten, dass Empfänger von Arbeitslosengeld II nicht arbeiten wollen. Etwas mehr als die Hälfte sagte in der Umfrage aus, Hartz-IV-Bezieher suchten nicht aktiv nach Arbeit, seien bei der Jobsuche zu wählerisch und hätten den Tag über nichts Sinnvolles zu tun. Die Bundesagentur hat zum ersten Mal diese Umfrage in Auftrag gegeben, Vergleichswerte liegen somit nicht vor.

Mit dem Ergebnis ist die Arbeitsagentur nicht zufrieden. "In der Bevölkerung halten sich Irrtümer über Hartz IV-Empfänger leider hartnäckig. Der vermeintliche Makel 'Hartz IV' erschwert die Vermittlung ins Berufsleben erheblich", so Heinrich Alt aus dem Vorstand der Arbeitsagentur.

Deswegen setzen die Jobvermittler darauf, das Image von Hartz-IV-Empfängern zu ändern, etwa mit der Kampagne "Ich bin gut". Sie soll zeigen, wie groß der Wille sei, wieder ins Berufsleben einzusteigen. Etwa, indem Einzelfälle vorgestellt werden, wie ein Langzeitarbeitsloser, der jetzt wieder "fest im Sattel des Gabelstablers" sitze. Die Kampagne wurde Ende 2011 gestartet und kostet 1,4 Millionen Euro. Die Arbeitsagentur benutzt auch nicht den Terminus "Hartz IV", sondern spricht in Anlehnung an das Sozialgesetzbuch lieber von "SGB-II-Kunden".

Auch im Zuge der Umfrage versucht die Arbeitsagentur, die Vorurteile als Irrtümer zu entlarven ( PDF). Sie verweist darauf, dass sehr viele Hartz-IV-Empfänger sich etwas dazuverdienen und Initiativbewerbungen verschickten. 89 Prozent von ihnen sähen Arbeit als wichtig an, weil sie ihnen das Gefühl gebe, dazuzugehören.

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist in Deutschland seit 2007 um 40 Prozent auf 1,06 Millionen im Jahresdurchschnitt 2011 zurückgegangen, ergab der jüngste Armutsbericht der Bundesregierung. Zugleich sank die Zahl der erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger um immerhin 662.000.

Jedoch gibt es viele Menschen, für die weiterhin gilt: einmal Hartz IV, immer Hartz IV. Das zeigte eine statistische Auswertung der Bundesagentur im September. Demnach gibt es 1,13 Millionen Erwerbsfähige in Deutschland, die seit Einführung der Hartz-Reformen Anfang 2005 dauerhaft auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Knapp die Hälfte von ihnen sind zwischen 25 und 50 Jahre alt. Die Mehrheit (55 Prozent) sind Frauen. Jeder Zehnte hat nicht einmal einen Hauptschulabschluss, etwa jeder Vierte keine Berufsausbildung. In den ostdeutschen Bundesländern ist fast jeder dritte Hartz-IV-Bezieher ein solcher Dauer-Empfänger. Im Saarland beläuft sich ihr Anteil auf 30 Prozent, in Berlin auf 26,9 Prozent.

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