Überwachung im Internet:BKA testet umstrittenen Staatstrojaner

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Eigentlich wollten deutsche Ermittlungsbehörden bei der Online-Überwachung nicht mehr auf Produkte aus der Privatwirtschaft zurückgreifen. Ein interner Bericht des Innenministeriums zeigt jetzt: Das Bundeskriminalamt testet erneut die Spähsoftware eines umstrittenen Herstellers.

Von Johannes Kuhn

Spähsoftware verzweifelt gesucht: Weil das Bundeskriminalamt (BKA) mit der Entwicklung eines eigenen Staatstrojaners zu langsam ist, testet die Behörde derzeit ein Programm des umstrittenen Herstellers Gamma. Dies bestätigte ein Sprecher des BKA der SZ.

Die Gamma-Firmengruppe, die ihren Deutschlandsitz in München hat, vertreibt eine Software mit dem Namen "FinFisher". Diese soll die Überwachung und Steuerung von Computern ermöglichen, laut Gamma zur Kriminalitätsbekämpfung.

Spuren von "FinFisher" fanden sich allerdings 2011 auch auf Rechnern von Oppositionsaktivisten in Bahrain; das Unternehmen erklärte damals, möglicherweise handele es sich um ein gestohlenes Programm. In Ägypten entdeckten Aktivisten nach der Revolution in einem Geheimdienstbüro ein Gamma-Angebot für den Verkauf der Schnüffelsoftware. Man habe niemals ein solches Programm an das Mubarak-Regime geliefert, ließ das Unternehmen daraufhin verlauten.

BKA arbeitet an eigenem Überwachungsprogramm

Deutsche Ermittlungsbehörden wollten für die Überwachung verschlüsselter Internet-Kommunikation (Quellen-TKÜ) nicht mehr auf Produkte aus der Privatwirtschaft zurückgreifen. Nachdem man im Herbst 2011 den Einsatz einer Spionage-Software der Firma Digitask gestoppt hatte, sollte das BKA selbst ein Programm für die Überwachung von Skype-Telefonaten, verschlüsselten E-Mails und Chats entwickeln. Hierfür richtete die Behörde das "Kompetenzzentrum Informationstechnische Überwachung" ein.

Laut einem als Verschlusssache klassifizierten Bericht des Innenministeriums, den das Blog Netzpolitik.org veröffentlichte, rechnet das BKA mit der Fertigstellung seines Trojaners allerdings erst Ende 2014. Bis dahin müssten Zoll, Landeskriminalämter und BKA auf den Einsatz der Quellen-TKÜ verzichten, weshalb das BKA-Kompetenzzentrum nun eine mögliche Zwischenlösung mit Hilfe privater Staatstrojaner prüft. Anders als im Fall Digitask soll dabei auch der Quellcode, also der Bauplan der Software, analysiert werden.

Ob sich das BKA am Ende wirklich für die Gamma-Software entscheidet, ist noch nicht entschieden. Nach ersten Tests müsse das Unternehmen "nacharbeiten", heißt es aus dem BKA.

© SZ vom 18.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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