Soziales Netzwerk:Twitter veröffentlicht Teil der Algorithmen

Lesezeit: 2 min

Auf dem Bildschirm eines Smartphones sieht man die Timeline in der App Twitter. (Foto: Fabian Sommer/dpa)

Twitter-Nutzer sollen besser nachvollziehen können, nach welchen Kriterien die Software Tweets für sie auswählt. Elon Musk verspricht mehr Transparenz - und muss sich unangenehmen Fragen stellen.

Twitter hat die Algorithmen, mit denen Tweets für einzelne Nutzer per Software herausgesucht werden, in großen Teilen öffentlich gemacht. Damit wolle man "Vertrauen durch Transparenz" schaffen, sagte Twitter-Eigentümer und Chef Elon Musk am Wochenende in einer Online-Fragerunde.

An diesem Samstag wollt Twitter außerdem die kostenlosen Verifikations-Symbole entfernen. Allerdings waren diverse Profile von Prominenten, die nicht für das neue Abo-Häkchen zahlen wollten, am Sonntag weiterhin verifiziert. Der Account der New York Times hingegen verlor das Verifikations-Symbol. Zuvor hatte in der Nacht zum Sonntag ein Twitter-Nutzer Musk darauf hingewiesen, dass die Zeitung nicht für das Häkchen zahlen wolle. "Ok, dann nehmen wir es weg", antwortete Musk.

Die Veröffentlichung der Empfehlungs-Algorithmen hatte Musk schon vor Monaten angekündigt, Twitter löste das Versprechen schließlich am Freitag ein. Bei Twitter können sich die Nutzer Tweets entweder in chronologischer Reihenfolge anzeigen lassen oder von Software ausgewählt. Im letzteren Fall können in dem personalisierten Bereich auch Tweets von Profilen in die Auswahl kommen, denen man eigentlich nicht folgt.

Für diese Empfehlungen berücksichtigt Twitter unter anderem, welche Beiträge zuletzt das Interesse eines Nutzers fanden. Auch wertet die Software aus, mit welchen Tweets die Profile interagierten, denen man folgt. Likes und Retweets helfen deutlich der Verbreitung von Beiträgen, wie Experten bei der Analyse des Codes feststellten.

Bevorzugt der Algorithmus Tweets von Musk?

Twitter hat nicht die vollständige Software veröffentlicht. Welche Teile fehlen, ist unklar. Musk sagte, dass Nutzer keinem Software-Algorithmus einer Plattform vertrauen sollten, der für sie nicht nachvollziehbar sei. Bei der Auswertung des Software-Codes der Algorithmen stießen Experten unterdessen schnell darauf, dass es eine eigene Kategorie für seine Tweets gibt. Darauf in der Fragerunde angesprochen, nannte Musk das "seltsam" und versicherte, er habe davon nicht gewusst. Ein Software-Entwickler von Twitter sagte, die Kategorie "Elon" existiere nur für statistische Zwecke und es gebe "keine bevorzugte Behandlung im Algorithmus".

Als weitere Kategorien in diesem Bereich wird dem Software-Code zufolge auch erfasst, ob ein Nutzer den Demokraten oder den Republikanern im amerikanischen Parteiensystem zuzurechnen sei. Man wolle mit der Auswertung solcher Informationen sichergehen, dass bei Änderungen der Software keine Gruppen bevorzugt oder benachteiligt würden, sagte der Twitter-Entwickler. Musk kündigte an, dass die Kategorien rasch entfernt würden.

Das Auftauchen der Musk-Kategorie ist ein erster Beweis, dass Twitter zumindest statistisch erfasst, wie gut Tweets seines Chefs laufen. Mitte Februar hatte ein Bericht, wonach Twitter zeitweise die Reichweite für Musks Tweets erhöhte, auch Aufseher in Deutschland auf den Plan gerufen. Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) teilte mit, sie gehe der Frage nach, ob eine solche Manipulation bei Twitter in Deutschland zu beobachten gewesen sei. Zum Verlauf der Untersuchung gab es seitdem keine Angaben. Nutzern war damals aufgefallen, dass sich in ihren persönlichen Bereichen sehr viele Antwort-Tweets von Musk befanden.

Der Branchenblog "Platformer" berichtete unter Berufung auf Twitter-Mitarbeiter, Entwickler des Online-Dienstes seien zuvor aufgefordert worden, die Reichweite von Musks Beiträgen drastisch hochzuschrauben. Auslöser sei die Verärgerung von Musk darüber gewesen, dass sein Tweet zum Football-Finalspiel Super Bowl deutlich seltener angezeigt worden sei als der von US-Präsident Joe Biden. Musk bestritt damals, dass es eine gezielte Erhöhung der Reichweite gab. Es habe sich lediglich um einen Software-Fehler gehandelt. Der Algorithmus enthält eigentlich Vorkehrungen dagegen, dass zu viele Tweets von einer Person angezeigt werden.

© SZ/DPA - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusReden wir über Geld mit Thomas Munko
:",Nein' muss man aus seinem Vokabular komplett streichen."

Thomas Munko ist seit bald 20 Jahren Chef-Concierge im Luxushotel Ritz-Carlton. Ein Gespräch über unmoralische Wünsche, eine Begegnung mit Natalie Portman und die Kunst, den besonderen Moment zu kreieren.

Interview von Benjamin Emonts

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: