Thyssenkrupp:Der Hügel bremst

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Sollte Thyssenkrupp die Aufzugssparte an die Börse bringen oder verkaufen? Der größte Aktionär, die Krupp-Stiftung, äußert eine Präferenz.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Knapp drei Wochen noch, dann verleiht die Krupp-Stiftung in der altehrwürdigen Villa Hügel in Essen wieder den Alfried-Krupp-Förderpreis für junge Hochschullehrer. Die Auszeichnung ist nach dem letzten Inhaber der Firma Krupp benannt. Er brachte sein Erbe in jene Stiftung ein, die heute noch knapp 21 Prozent der Thyssenkrupp-Aktien hält. Mit den Erträgen fördert die Stiftung die Kultur im Pott - und den wissenschaftlichen Nachwuchs. Doch wird dies immer schwerer, je tiefer der Konzern in der Krise steckt.

Nun meldet sich Stiftungschefin Ursula Gather zu Wort. Der Konzern hatte angekündigt, dass er sein Aufzugsgeschäft teilweise an die Börse bringen wolle; seit Sommer prüft Thyssenkrupp alternativ einen Verkauf. Finanzinvestoren und Konkurrenten wollen Milliarden für die Sparte bezahlen. Doch Gather bremst: "Von Verkaufen ist zunächst keine Rede", sagte die 66-Jährige der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Man werde sehen, was die beste Lösung sei. "Aber natürlich ist es für die Stiftung sehr sinnvoll, wenn sie an dem ertragreichsten Unternehmensteil Elevator zu einem möglichst großen Anteil beteiligt bleiben könnte."

Gather: Thyssenkrupp brauche auch künftig Ausgleich für schlecht laufende Sparten

Tatsächlich sind Aufzüge das lukrativste Geschäft des Konzerns. Es erwirtschaftete zuletzt einen Jahresumsatz von 7,5 Milliarden Euro und einen Gewinn von 866 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern. Die Sparte profitiert von weltweiten Bauvorhaben: Hochhäusern, Flughäfen, Einkaufszentren. Die 53 000 Beschäftigten warten und reparieren auch bestehende Anlagen. Daher sind die Gewinne ziemlich stabil.

Dennoch will Thyssenkrupp das Aufzugsgeschäft notgedrungen abspalten. Denn nach der Expansion nach Amerika lasten Milliarden Schulden und Pensionsverpflichtungen auf Deutschlands größtem Stahlhersteller. Die Konjunktur hat sich zuletzt eingetrübt, Thyssenkrupp erwartet in diesem Jahr Verluste. Daher hoffen die Essener nun auf möglichst viel Geld, das möglichst bald kommt.

Allerdings brauche Thyssenkrupp auch künftig einen "gewissen Ausgleich" für schlecht laufende Sparten, sagte Gather nun. Andere Investoren gehen hingehen davon aus, dass der Konzern den höchstmöglichen Preis für die Aufzüge rausholen sollte; daher halten sie einen Komplettverkauf für wahrscheinlich. Jedenfalls will Thyssenkrupp das Geschäft bis Jahresende eigenständig aufstellen.

Gewerkschafter begrüßen Äußerungen der Stiftungschefin

Arbeitnehmervertreter nahmen Gathers Äußerungen wohlwollend zur Kenntnis. Indes prüft der Konzern auch in Komponentengeschäften und Anlagenbau, ob er noch der richtige Eigentümer ist. "Wir müssen jetzt mit der nötigen Geschwindigkeit vorangehen", mahnte Gather, dafür sei es höchste Zeit. "Auf lange Sicht wird es kein Geschäft mit Minusmargen geben können." Zwar habe die Krupp-Stiftung schon einige Jahre mit niedriger oder keiner Dividende von Thyssenkrupp mitgetragen, betonte Gather der Rheinischen Post. "Eine Weile werden wir den jetzigen Zustand wohl noch aushalten können." Verfestigen dürfe sich das aber nicht.

© SZ vom 25.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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