Tesla:Teslas Flucht nach vorn

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Warum sich über eine abspenstigen Partner ärgern, wenn man doch auch an der eigenen Story basteln kann? Elon Musk (l.) beim Besuch in der "Gigafactory" in Nevada. (Foto: Bloomberg)
  • Der Elektroauto-Hersteller Tesla verliert mit Mobileye einen seiner wichtigsten Zulieferer und Partner.
  • Die israelische Firma teilte mit, es sei "nicht im Interesse von Mobileye" weiter mit Tesla zusammenzuarbeiten.
  • Für Tesla-Gründer und -Chef Elon Musk sind das schlechte Nachrichten - die er mit guten Geschichten auszubügeln sucht.

Von Thomas Fromm, München

Was soll man machen, wenn es an allen Ecken brennt? Zuerst dieser tödliche Unfall mit einem selbstfahrenden Tesla, der wohl zu schnell war. Dann kündigt einem auch noch einer der wichtigsten Partner die Kooperation auf - die israelische Firma Mobileye, die Software, Chips und Kameras für hochvernetzte Autos liefert, will künftig lieber mit BMW und Intel Autos bauen. "Es ist nicht im Interesse von Mobileye, weiter mit Tesla in dem Bereich zusammenzuarbeiten", sagte Amnon Shashua, Cheftechnologe von Mobileye.

Für einen wie Tesla-Chef Elon Musk, der seine Firma per se für eine der ganz großen in der Branche hält, müsste so etwas eigentlich ziemlich frustrierend sein. Er könnte sich zurückziehen und schmollen. Zum Gegenangriff übergehen und die Argumente der Kritiker, wie so oft, twitternd zerlegen. Sich an Mobileye arbeiten.

Was aber macht Musk in diesen schwersten Stunden in der Geschichte von Tesla? Er eröffnet eine neue Akkufabrik in Nevada, in die der Elektroautobauer zusammen mit seinem Partner Panasonic in den kommenden zwei Jahren bis zu fünf Milliarden Dollar investieren will.

Was Elon Musk gerade braucht, ist vor allem eine gute Geschichte

Von einer klassischen Fabrik-Einweihung kann hier kaum die Rede sein; die Batteriefabrik ist noch lange nicht fertig. Die 1000 Arbeiter, die auf dem eine Million Quadratmeter großen Areal arbeiten, sind gerade mal am Anfang ihres Projekts. Aber: So eine Batteriefabrik ist eine gute Geschichte, und Musk braucht in diesen Tagen dringend gute Geschichten. Warum sie dann nicht schon jetzt erzählen? Wenn man schon einmal dabei ist, eines der weltgrößten Gebäude hochzuziehen?

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Musk hat kein geringeres Ziel, als mit seiner von ihm "Gigafabrik" genannten Produktionsstätte den Markt für leistungsstarke Elektroauto-Batterien aufzumischen. Sein Kalkül ist einfach: Die noch immer sehr hohen Preise für Batterien müssen runter, damit auch Elektroautos erschwinglicher werden. Mit Hilfe einer eigenen Fabrik sollen die Batteriekosten bis 2018 um mehr als ein Drittel gesenkt werden. In vier Jahren sollen die Batteriekosten dann auf unter 100 Dollar pro Kilowattstunde fallen, so kalkuliert Musk.

Also setzt er in Nevada auf Masse. Der Plan ist ehrgeizig: Die Fabrik soll bereits in zwei Jahren Akkus mit einer Gesamtleistung von 35 Gigawattstunden herstellen. Musk wäre mit Tesla dann wohl der größte Akkubauer der Welt. Noch in diesem Jahr soll in der Wüstenfabrik, in der irgendwann an die 10 000 Menschen arbeiten sollen, mit der Produktion von Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos begonnen werden. Musk steht unter Zeitdruck - ausgelöst durch die eigenen, sehr ambitionierten Ziele.

Bis 2018 will Tesla fast eine halbe Million Autos verkaufen

In zwei Jahren soll Tesla an die 500 000 Elektroautos verkaufen. Nach dem Model S, der sportlichen Luxuslimousine, will Musk jetzt das neue Model 3 für den Massenmarkt herausbringen. 35 000 Dollar sind zwar immer noch ein stolzer Preis, aber es wäre tatsächlich das billigste Auto, dass es von Tesla bislang gegeben hat. Nun muss Tesla zusehen, dass die Batteriefabrik noch vor der Markteinführung des Model 3 fertig wird.

Dabei geht es um mehr: Die Batterien aus der Wüste von Nevada braucht Musk für seine großen Ausbaupläne. Er will in den kommenden Jahren elektrische Lkw, Busse und Pick-up-Trucks bauen. Dafür braucht er: sehr viele Batterien. Außerdem sollen seine Akkus als Speicher in Häusern und bei Energieunternehmen landen.

Musk, der Mann für große Projekte: In Nevada konnte er über die Dinge reden, die er für wirklich groß und wichtig hält.

Andere Themen blieben so im Schatten der Batteriefabrik. Zum Beispiel ein Bericht der Ermittlungsbehörde NTSB, wonach bei dem ersten tödlichen Unfall mit einem selbstfahrenden Auto aus dem Hause Tesla auch die hohe Geschwindigkeit eine Rolle gespielt hat. Der Tesla fuhr mit Tempo 119, obwohl nur 105 Kilometer pro Stunde erlaubt waren. Ein Autopilot im Geschwindigkeitsrausch - keine guten Nachrichten für Elon Musk. Aber der hat ohnehin gerade wieder ganz andere Themen.

© SZ vom 28.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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