Telekom verkauft Scout 24:Viel Geld aus den USA

Lesezeit: 3 min

Die Telekom verkauft die Mehrheit an der Internetfirma Scout 24. Ein Erfolg für den scheidenden Chef René Obermann: Das wird Kapital für den angekündigten Netzausbau einbringen.

Von Varinia Bernau und Caspar Busse

"Ein Scout für alle Fälle": Das war der Werbespruch, mit dem das Unternehmen 1998 loslegte. Rubriken-Anzeigen, aber im Internet, das war die Geschäftsidee von Scout 24. Und die Firma, anfangs finanziert von der Beisheim-Holding in der Schweiz, wuchs schnell. Immobilien, Autos, Jobs, Reise, Freunde - für alles gibt es inzwischen Internetangebote von Scout 24.

Nun wird das Internetportal den Besitzer wechseln. Die Deutsche Telekom, die 2004 eingestiegen war und das Unternehmen zwei Jahre später vollständig übernommen hatte, steht kurz vor dem milliardenschweren Verkauf seiner Tochterfirma. Der US-Finanzinvestor Hellman & Friedman wolle für etwa 1,4 Milliarden Euro 70 Prozent an der Anzeigengruppe übernehmen, heißt es in Finanzkreisen. 30 Prozent verblieben zunächst bei der Telekom.

"Ein endgültiger Vertrag ist noch nicht unterzeichnet", betonte zwar ein Insider. Aber das steht offenbar kurz bevor. Dem Vernehmen nach berät der Aufsichtsrat der Telekom demnächst über den Verkauf. Scout 24 werde mit etwa zwei Milliarden Euro bewertet, heißt es. Das entspräche etwa dem 20-fachen des operativen Gewinns, was deutlich über dem Branchenschnitt liegt. Abgezogen werden müssten aber noch Sonderbelastungen, etwa Pensionszusagen für Mitarbeiter, heißt es.

Verhandelt wird schon seit vielen Monaten, es ging vor allem um den Preis. Sollte die Transaktion zustande kommen, wäre es eine der größten Investitionen eines Finanzinvestors in diesem Jahr. In Deutschland ist Hellman & Friedman kein Unbekannter. Der Investor, der 1984 gegründet wurde und Büros in San Francisco, New York und London unterhält, war vor etwa zehn Jahren zusammen mit dem amerikanisch-israelischen Investor Haim Saban nach der Kirch-Pleite bei Pro Sieben Sat 1 eingestiegen.

Schöner Gewinn

Als das Münchner Fernsehunternehmen an KKR und Permira weiterverkauft wurde, machte Hellman & Friedman einen schönen Gewinn. Auch beim Berliner Verlagsunternehmen Axel Springer ( Bild, Welt) waren die Amerikaner eine ganze Zeit mit knapp 20 Prozent beteiligt, das Paket gaben sie dann an die Deutsche Bank ab. Springer war übrigens zuletzt auch selbst an der Scout-Gruppe interessiert, stieg aber angesichts des hohen Preises aus dem Bieterrennen aus. Eine spätere Kooperation zwischen Springer und Hellman & Friedman bei Scout wird derzeit aber ausgeschlossen.

Ein Schwerpunkt von Hellman & Friedman sind Investitionen in internationale Medien-, Internet- und IT-Firmen. Ein Engagement bei der Scout-Gruppe passt so gut in die Strategie. Derzeit ist Hellman & Friedman etwa an der Firma Internet-Brands und an Web-Reservation beteiligt. 2005 waren die Investoren bei Doubleclick, einem der größten Anbieter von Online-Marketing, eingestiegen, bauten kräftig um, kauften zu und gaben dann die Firma an den US-Konzern Google ab. Erlös damals: mehr als drei Milliarden Euro. Auch an der Bildagentur Getty Images waren sie mal beteiligt.

Die Deutsche Telekom hatte erstmals vor einem Jahr die Scout-Gruppe zur Disposition gestellt. Medienkonzerne wie Bertelsmann sind bereits ausgestiegen, zuletzt waren neben Hellman & Friedman noch zwei andere Bieter an der Scout-Gruppe interessiert: die Finanzinvestoren Silver Lake und EQT aus Schweden. Die Gespräche liefen schleppend, weil die Preisvorstellungen der Telekom sehr hoch waren. "Die zum Verkauf stehenden Unternehmen sind in diesem Bereich rar gesät", sagt die auf Übernahmen spezialisierte Anwältin Gabriele Fontane. "Entsprechend groß ist der Wettbewerb der Fonds, die unter dem Druck ihrer Investoren Aktivität zeigen müssen."

Zunächst wollte der Bonner Konzern nur eine Minderheit - etwa 30 Prozent - abgeben. Nun geht es aber um eine Mehrheitsbeteiligung. "Die Scout-Group ist zwar kein Start-up mehr, dem eine steile Wachstumskurve bevorsteht", sagt Fontane. "Aber dass sich beide Seiten einig geworden sind, zeigt auch, dass beide von einer deutlichen Wertsteigerung ausgehen." Bei der Telekom hieß es immer, es sei nicht nur der Preis entscheidend, sondern auch das Konzept des möglichen Erwerbes.

Hellman & Friedman plant Insidern zufolge einen deutlichen Ausbau des Geschäftes der Scout-Gruppe, vor allem auch außerhalb von Deutschland. Die Holding sitzt in München, hat derzeit etwa 1200 Mitarbeiter und ist eigenen Angaben zufolge in 22 Ländern aktiv. Wichtigster Markt ist aber nach wie vor Deutschland, hier ist Scout vor allem bei Immobilienanzeigen im Internet führend. Auf dem Automarkt liegt Scout hinter mobile.de. Auch in anderen Bereichen, wie Partnerschafts- oder weiteren Kleinanzeigen ist die Konkurrenz hart.

Keine leichte Trennung

Der Verkauf wäre eine der letzten Aktionen des scheidenden Telekom-Chefs René Obermann. Der Bonner Konzern kann das Geld gut gebrauchen. Obermann hatte angekündigt, in den nächsten beiden Jahren insgesamt mehr als acht Milliarden Euro in den Ausbau seines Netzes zu investieren. Zum einen will er mehr Haushalte an das Glasfasernetz anschließen. Zum anderen rüstet die Telekom ihr Mobilfunknetz mit dem neuen technischen Standard LTE auf, der schnelles Surfen auch unterwegs ermöglichen soll - und zwar auch jenseits des Heimatmarkts. In Tschechien hat die Telekom gerade für 95,6 Millionen Euro neue Funkfrequenzen ersteigert.

Dennoch dürfte vielen in Bonn die Trennung nicht leicht fallen. Denn Geschäfte im Internet sollen eigentlich dazu beitragen, die Verluste im klassischen Geschäft mit Telefonaten abzufedern. Aber die Telekom bleibt ja erst mal Bord - für alle Fälle.

© SZ vom 21.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: