Versicherungen:Targobank kündigt Talanx

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Eine Targobank-Filiale in Nordrhein-Westfalen. (Foto: IMAGO/Michael Gstettenbauer)

Künftig will die Bank beim Geschäft mit der lukrativen Restschuldversicherung mit einem konzerneigenen Versicherer kooperieren.

Von Herbert Fromme, Köln

Wer bei der Targobank einen Ratenkredit aufnehmen will, bekommt im Gespräch ein besonderes Angebot: Er kann sich und seine Familie für den Fall versichern, dass er stirbt, berufsunfähig oder arbeitslos wird. In diesem Fall muss er den Kredit nicht zurückzahlen. Restschuldversicherung heißt das, man spricht auch von Restkreditversicherung oder Kreditlebensversicherung. Fast alle Banken bieten solche Verträge an.

Bei der Targobank schließt der Kreditnehmer einen solchen Vertrag mit der Targo Lebensversicherung ab, die trotz ihres Namens nicht der Bank gehört, sondern eine Tochter des Hannoveraner Versicherungskonzerns Talanx/HDI ist.

Das Geschäft ist für den Versicherer und die vermittelnde Bank sehr lukrativ. Die Finanzaufsicht Bafin hat bei einer Untersuchung von Restschuldversicherungen bei einigen Banken und Versicherern Provisionen von 50 Prozent und mehr festgestellt. Das bedeutet, dass von jedem Prämien-Euro des Kunden die Hälfte an die Bank für die Vermittlung geht. Auch beim Versicherer bleibt genug hängen.

Doch demnächst verliert die Talanx ihren Düsseldorfer Partner Targo. Die Bank, die mehrheitlich der französischen Genossenschaftsbank Crédit Mutuel gehört, hat den Vertrag gekündigt. Ende 2025 ist Schluss.

Ab 2026 soll ein konzerneigener Versicherer des Crédit Mutuel das Geschäft machen. In Frankreich, Belgien und Luxemburg sind die Franzosen mit dem Versicherer Assurances du Crédit Mutuel (ACM) aktiv. Jetzt haben sie in Düsseldorf eine Versicherungsholding und zwei operative Gesellschaften gegründet, eine für Sach-, die andere für Lebensversicherungen.

Für Talanx ist das ein schwerer Schlag. Denn über die Targobank kommen jährlich Prämieneinnahmen von rund einer Milliarde Euro ins Haus, die ab 2026 wegfallen. Allerdings bleiben dem Konzern aus Hannover eine Reihe von Kooperationen, unter anderem mit der Deutschen Bank, der Postbank und vielen Sparkassen.

Möglicherweise ist die beste Zeit für das Restschuldgeschäft ohnehin vorbei. Verbraucherschützer und Politiker kritisieren, dass die Banken ihre Kunden zum Abschluss drängen, schließlich verdienen sie gut an den Provisionen. So mancher Kunde unterschreibe den Vertrag aus Angst, sonst keinen Kredit zu bekommen. Dem plant die Bundesregierung einen Riegel vorzuschieben. Ab 2025 muss zwischen Kreditvertrag und Versicherungsabschluss eine Woche vergangen sein, haben Bundestag und Bundesrat beschlossen, es sei denn, es handelt sich um eine Baufinanzierung.

Mehrere Versicherer und der Branchenverband Gesamtverband der Versicherer prüfen, ob sie dagegen klagen, weil sie die Regelung für europarechtswidrig halten. Die neue Regelung soll Anfang 2025 in Kraft treten. Schon jetzt gilt eine Begrenzung der Provisionshöhe bei Restschuldversicherungen auf 2,5 Prozent der Kreditsumme.

Bleibt es bei der Karenzzeit von einer Woche, ist das Geschäft tot, fürchten die Versicherer - wohl zu Recht. Der Versicherer Talanx müsste dann in der Tat erhebliche Geschäftseinbußen hinnehmen, ähnlich wie die den Genossenschaftsbanken nahestehende R+V oder die Versicherungskammer Bayern, die Provinzial und andere Versicherer aus dem Sparkassenlager. An der Tatsache, dass Targo künftig mit dem gruppeneigenen Versicherer ACM und nicht mehr mit Talanx kooperiert, ändert das nichts.

Die Wochenfrist wurde übrigens 2011 von der britischen Aufsichtsbehörde erfunden. Sie hat gleichzeitig festgelegt, dass kein Druck auf Kreditkunden ausgeübt werden darf. Die Behörde stellte zudem fest, dass Millionen Policen der sogenannten Payment Protection Insurance (PPI) nach Falschberatung und unter Druck verkauft wurden. Die PPI entspricht der deutschen Restschuldversicherung.

Der "PPI misselling scandal", der Skandal um Falschberatung beim Verkauf von PPI, löste eine heftige öffentliche Debatte aus. Britische Banken und Versicherer mussten Verträge aus mehreren Jahrzehnten rückabwickeln. Das kostete sie bis 2019 mehr als 66 Milliarden Pfund, damals 79 Milliarden Euro, die sie an die Kunden zurückzahlen mussten.

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