Außenwerbung:Koalition gegen den Qualm

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Ab 2022 soll es keine Werbetafeln für Zigaretten mehr geben, Tabakerhitzer und E-Zigaretten folgen später. (Foto: Norbert Schmidt/imago)

Die Unionsfraktion gibt ihren jahrelangen Widerstand gegen ein weitgehendes Tabakwerbeverbot auf: CDU, CSU und SPD bringen jetzt gemeinsam einen Gesetzentwurf in den Bundestag ein.

Von Robert Roßmann, Berlin

Nach mehr als zehnjähriger Debatte soll die Werbung für Tabakprodukte jetzt weitgehend verboten werden. An diesem Freitag bringen die Fraktionen von Union und SPD einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag ein. Für die Unionsfraktion ist das der Schlusspunkt eines langes Weges. Denn die Abgeordneten von CDU und CSU hatten ein derartiges Werbeverbot bisher immer blockiert.

2016 hatte die Bundesregierung sogar schon einen Gesetzentwurf beschlossen, der vorsah, Tabakwerbung auf Plakatwänden ganz und im Kino weitgehend zu verbieten. Doch der Gesetzentwurf wurde wegen des Widerstandes der Union dann nie vom Bundestag verabschiedet. Prominentester Gegner war Volker Kauder, der damalige Vorsitzende der Unionsfraktion. Inzwischen ist Deutschland das letzte Land innerhalb der Europäischen Union, in dem Außenwerbung für Tabakprodukte noch erlaubt ist. Doch das soll sich jetzt ändern.

Radio- und Fernsehwerbung für Tabakprodukte ist in Deutschland bereits seit Langem verboten. Auch Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften sind nicht mehr zulässig. Mit dem Gesetzentwurf, auf den sich die beiden Koalitionsfraktionen jetzt verständigt haben, sollen nun auch die restlichen Werbemöglichkeiten eingeschränkt werden. Von 1. Januar 2022 an soll die Werbung auf Außenflächen, also etwa auf Plakatwänden oder an Haltestellen, für alle herkömmlichen Tabakprodukte verboten werden. Von 2023 an soll das Verbot dann auch für Tabakerhitzer gelten - und von 2024 an auch für elektronische Zigaretten. Für die Außenwerbung werden derzeit insgesamt fast 100 Millionen Euro jährlich ausgegeben.

Bereits von 2021 an soll zudem Kinowerbung für Tabakerzeugnisse bei allen Filmvorführungen, die für Jugendliche unter 18 Jahren freigegeben sind, verboten werden. Außerdem sollen dann - außerhalb von Fachgeschäften - keine Gratisproben mehr verteilt werden dürfen. Dies ist derzeit zum Beispiel bei Musikfestivals häufig der Fall.

Das Außenwerbeverbot, die Einschränkungen bei der Kinowerbung und das Verbot der Gratisproben seien in Kombination mit den bereits bestehenden Werbeverboten ein wirksames Mittel, "um eine weitere Senkung der Raucherquote zu erreichen", heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Denn die Außenwerbung für Tabakerzeugnisse sei "allgemein präsent", die Kinowerbung finde "im positiv besetzten Kontext von Unterhaltung statt" und die kostenlose Abgabe könne "einen Anreiz zum Einstieg" in den Konsum setzen. Die mit den Verboten "einhergehenden Eingriffe in die Freiheitsrechte der betroffenen Unternehmen der Tabakwirtschaft und der Werbewirtschaft, insbesondere in die Grundrechte der Meinungsäußerungsfreiheit und der Berufsfreiheit", sehe man "aus Gründen des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung als gerechtfertigt" an. Laut Drogenbericht der Bundesregierung sterben in Deutschland jährlich etwa 120 000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums.

Dass die Union ihren Widerstand gegen die Werbebeschränkungen aufgegeben hat, liegt vor allem an Angela Merkel, aber auch an Ralph Brinkhaus. Die Kanzlerin hatte im Juni 2019 bei einer Regierungsbefragung im Bundestag gesagt, wenn es nach ihr gehe, sollte die Werbung für Tabakprodukte verboten werden. Sie glaube, "dass wir hier handeln sollten und die Sache zu einer Entscheidung bringen sollten". Mit dieser überraschenden Äußerung hatte Merkel die Unionsfraktion öffentlich enorm unter Druck gesetzt.

Auch der Wechsel des Fraktionsvorsitzes von Kauder zu Brinkhaus im September 2018 hatte Bewegung in die Angelegenheit gebracht. Nach seiner Wahl hatte Brinkhaus angekündigt, dass er die Fraktion "in absehbarer Zeit" noch einmal über das Thema diskutieren lassen wolle. In der jüngsten Fraktionssitzung am vergangenen Dienstag kritisierten nur noch einzelne Abgeordnete den Gesetzentwurf. Seine Verabschiedung im Bundestag gilt deshalb nun als sicher.

© SZ vom 28.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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