SZ-Serie: Generation D:Rent a student

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Einmal Politikstudent sein, sich einmal als angehender Mediziner fühlen: Drei Freundinnen entwickeln ein Portal, auf dem Studenten Schnupperwochen für Schüler an der Universität anbieten.

M. Olbrisch

Eigentlich fällt es Svanja Kleemann nicht schwer, Entscheidungen zu treffen. Auch bei der Studienwahl war das so: Politik und Verwaltungswissenschaften sollten es sein. "Da war ich mir eigentlich schon ziemlich früh sicher." Es hat geklappt: In ihrem neuen Alltag zwischen Hörsaal, Bibliothek und Mensa an der Universität Konstanz hat sich die Freiburgerin nach zwei Semestern gut eingelebt. "Es ist genau so, wie ich gehofft habe", sagt sie erleichtert.

Doch viele Abiturienten haben nicht so viel Glück. Hat man die Suche nach einem passenden Studiengang erfolgreich gemeistert, kommt oft das böse Erwachen: Nach ein paar Semestern oder schon nach wenigen Wochen gibt ein Fünftel der Studenten in Deutschland auf. Oft, weil das neue Leben nicht hält, was die jungen Leute sich davon versprochen haben. "Viele haben völlig falsche Vorstellungen", sagt Kleemann. "Das ist doch schade."

Deshalb möchte Svanja Kleemann ihren Alltag vermieten. An junge Menschen, die testen wollen, wie es sich anfühlt, Politikstudentin in Konstanz zu sein. Möglichst viele sollen es ihr gleichtun, ein angehender Physiker aus Berlin vielleicht, oder eine Medizinstudentin aus Köln.

Schnupperkurs mit Folgen

Für eine Woche sollen Schüler vor dem Abitur ihren Wunschstudiengang testen können. Mit allem, was dazugehört: Vorlesungen, Tutorien, Bibliothek und einem abendlichen Abstecher in eine Studentenkneipe. Was für die Schüler wie ein netter Kurzurlaub klingt, soll sie vor bösen Fehlentscheidungen bewahren. "Kein Berufsberater, kein Lehrer kann einen besseren Eindruck vermitteln als jemand, der das Fach selbst studiert", sagt die künftige Politikwissenschaftlerin.

"Rent a student" heißt das Projekt, das Kleemann zusammen mit ihren Freundinnen Elisabeth Haller und Anna Eckermann entwickelt hat. Über eine Homepage soll eine deutschlandweite Plattform entstehen, auf der sich Hochschüler registrieren können, die für eine Woche ihr Studentenleben vermieten wollen. Vermieten ist dabei aber nur symbolisch gemeint. "Geld gibt es nicht", sagt Svanja Kleemann. Dafür aber am Ende ein Zertifikat, das den Studenten Hilfsbereitschaft und soziales Engagement bescheinigen soll.

Die Schüler, die sich für eine Schnupperwoche interessieren, müssen ebenfalls ein Profil mit ihren persönlichen Daten anlegen. Über eine Suchfunktion können sie dann Studenten des gesuchten Studiengangs finden und mit ihnen in Kontakt treten. "Ein erstes Kennenlernen per Mail ist wichtig", findet die 22-Jährige. Schließlich sollen die Schüler bei ihrem "Berater" übernachten, um das Studentenleben als Ganzes mitzubekommen. "Das klingt komplizierter, als es ist", sagt Kleemann. Isomatte, Schlafsack und ein wenig Verpflegung, das reiche völlig aus. Wichtig sei nur, dass die Chemie stimme, damit die gemeinsame Woche für beide Seiten nicht zur Last wird.

Passendes Studium via Probewoche

Dass die Idee angenommen wird, darüber machen sich die drei Studentinnen keine Sorgen. "Viele erinnern sich daran, wie sie selbst nach einem passenden Studium gesucht haben", sagt Svanja Kleemann. Mit dem Projekt könne man nachfolgenden Jahrgängen die Auswahl ein wenig erleichtern. Damit möglichst viele von der Möglichkeit Gebrauch machen können, muss das Portal aber erst einmal bekannt werden.

Plakate und Flyer, die auf Abimessen verteilt werden, sollen dabei helfen. Wer die Kosten für das Marketing und die Homepage tragen soll, darüber sind sich die Entwicklerinnen noch nicht ganz im Klaren. "Ein Sponsor wäre prima", hofft Kleemann. Ansonsten müssten die Schüler bei der Anmeldung eine minimale Gebühr zahlen. "Aber das nur im äußersten Notfall."

Im Freundeskreis haben die drei schon eifrig Werbung für "Rent a student" gemacht. Die Resonanz sei durchwegs positiv gewesen. "Es konnten sich einige vorstellen, sich an dem Projekt zu beteiligen", sagt Kleemann. "Ich würde das auch sofort machen. Ist doch schließlich eine gute Sache."

© SZ vom 22.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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