SZ-Geldwerkstatt:Das Depot richtig mischen

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Welche Fragen Sparer klären sollten, wenn sie langfristig für das Alter vorsorgen: die wichtigsten Grundlagen zur Geldanlage.

Von Harald Freiberger

Die Erkenntnis, dass man selbst fürs Alter vorsorgen muss, ist gereift, das Depot ist eröffnet. Nun stellt sich für Anleger die entscheidende Frage, wie sie dieses Depot bestücken. Mit welchen Produkten kann man eigentlich für das Alter sparen? Das sind die wichtigsten Punkte, die es dabei zu beachten gilt.

Das Risiko

Die Frage, welches Risiko ein Anleger bereit ist zu tragen, steht ganz am Anfang. Es ist auch eine Frage der Persönlichkeit. Manche können nicht mehr gut schlafen, wenn sie wissen, dass sie Aktien im Depot haben. Sie sollten dann auch keine Aktien kaufen. Am meisten Geld verlieren Anleger, weil sie Risiken eingehen, die sie nicht aushalten, wenn sie eintreten. Sie verkaufen, wenn die Kurse am niedrigsten stehen. "Man ist dann in der Lage, langfristig anzulegen, wenn man nicht jeden Tag auf das Depot schaut und wenn einen der Verlust einer Aktie von zehn Prozent nicht nervös macht", sagt Andreas Beck vom Münchner Institut für Vermögensaufbau, einem Dienstleister für Vermögensverwalter. Wer überhaupt kein Risiko eingehen will, kann eigentlich nur in Tagesgeld anlegen, das aber kaum mehr Zinsen abwirft.

Auf lange Sicht sind Aktien am rentabelsten, das zeigen alle historischen Vergleiche. Das bedeutet: Wer einen langen Horizont hat, kann eher in Aktien investieren. "Ein Berufseinsteiger mit 25 Jahren, der für den Ruhestand spart, hat einen Anlagezeitraum von 40 Jahren vor sich", sagt Michael Haker von der Fonds-Ratingagentur Morningstar. Er könne mehr Risiko vertragen als jemand, der 15 Jahre für die Ausbildung der Kinder sparen will.

Die Mischung

Illustration: Lisa Bucher (Foto: N/A)

Weiß man, mit welchem Anteil seines Geldes man ins Risiko gehen will, stellt sich die Frage nach der richtigen Mischung. Die zentrale Frage hier ist die nach der Aufteilung zwischen den größten Anlageklassen: Aktien und Anleihen. Mit beidem gibt man einem Unternehmen Geld, im einen Fall Eigenkapital, im anderen Fremdkapital. "Je länger man aber investiert, umso mehr gleicht sich das Risikoprofil von Aktien und Anleihen an", sagt Beck. Auf kürzere Sicht aber gelten Aktien als deutlich riskanter. Der Klassiker ist ein Verhältnis von 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Anleihen. Es gilt als langfristig stabile Mischung. Davon können Anleger je nach ihren Bedürfnissen abweichen. "Ein Single mit 25 Jahren kann höheres Risiko gehen und den Aktienanteil zum Beispiel auf 80 Prozent erhöhen", sagt Haker. Bei einem 50-Jährigen seien dagegen eher 20 bis 30 Prozent empfehlenswert. Viele Anlageexperten empfehlen, einem Depot zehn Prozent Gold als Absicherung beizumischen. Es hat sich in der Vergangenheit meist gegenläufig zu Aktien und Anleihen entwickelt und kann deshalb Risiken abfedern. Der Nachteil: Gold bringt keine Dividende.

Die Instrumente

Grundsätzlich sollte eine langfristige Anlage "breit diversifiziert" sein, wie die Profis sagen. Das heißt, dass Investoren auf Aktien oder Anleihen aus verschiedenen Branchen und Regionen setzen sollten. Das verringert das Risiko entscheidend. "Das Depot breit zu diversifizieren, ist auch eine psychologische Hilfe, weil dann hohe Kursverluste einzelner Aktien nicht so stark ins Gewicht fallen und die Gefahr geringer ist, dass man in Panik verkauft", sagt Haker. Breit in einen Markt investieren kann man prinzipiell auf zwei Arten: über Fonds und über Indexfonds, auch ETF genannt. Bei Fonds trifft ein Manager die Auswahl der Titel, in die das Geld fließt. ETF bilden dagegen einen gesamten Markt ab, zum Beispiel Indices wie den Deutschen Aktienindex; es gibt aber auch Indices auf Anleihen oder Rohstoffe. Fondsmanager sind derzeit stark in der Kritik, weil sie häufig den Vergleichsmarkt nicht schlagen. "Sie haben aber durchaus ihre Berechtigung", sagt Haker. Das Prinzip: bei großen US-Standardaktien sind ETF meist besser, bei europäischen Standardaktien, bei mittelgroßen Werten und in Schwellenländern aber schlagen Fondsmanager häufig die Vergleichsindices. Grundsätzlich ist ein Sparplan eine gute Möglichkeit, für das Alter vorzusorgen. Er investiert automatisch regelmäßig in die gewollten Produkte. Bei den Anbietern lässt sich erfragen, ob ihre Produkte Sparplan-fähig sind. Eine gute Indikation ist das Rating von Morningstar: Fonds, die vier oder fünf Sterne erhalten haben, sind in der Vergangenheit besser gelaufen als der Durchschnitt.

Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage. (Foto: SZ-Grafik)

Die Produkte

Der geläufigste Index für Aktien ist der MSCI World, der weltweit investiert. Man muss sich jedoch klarmachen, dass er mit 60 Prozent einen sehr großen Anteil US-amerikanischer Aktien hat. Das bedeutet auch ein hohes Währungsrisiko, sollte der Dollar stark fallen. Die Alternative, die Haker empfiehlt: ein ETF mit europäischen Aktien kaufen, dazu einen ETF auf den US-Index S&P 500 zu nur 40 Prozent mischen, außerdem zu 10 Prozent für japanische Werte einen ETF auf den Nikkei 225. Ein breit diversifizierter Anleihenfonds ist der Barclay's Euro Aggregate. Er investiert in vergleichsweise sichere Staats- und Unternehmensanleihen mit gutem Rating und meist drei bis zehn Jahren Laufzeit. Eine aggressivere Mischung wäre das Verhältnis 75 zu 25 Prozent.

Die Balance

Wichtig ist es, darauf zu achten, dass sich durch unterschiedliche Kursverläufe auf Dauer auch die Aktien-Anleihen-Gewichtung ändert. Einmal im Jahr sollte ein Anleger das ausgleichen, damit die Mischung im Portfolio gleich bleibt. Experten sagen dazu "Re-Balancing". Man kann verkaufen, was gestiegen ist, oder kaufen, was gefallen ist. Es hängt davon ab, wie viel Geld man übrig hat. Re-Balancing ist auch ein gutes Mittel gegen die Psycho-Falle, dass man nach einem Kursrutsch am liebsten aussteigen würde.

Die Kosten

Sie unterscheiden sich je nach Produktgattung. Günstig sind nach Einschätzung von Morninstar bei ETF von globalen Standardaktien 0,20 bis 0,30 Prozent Gebühren im Jahr, bei europäischen Standardaktien 0,15 bis 0,25 Prozent. Fonds verlangen bei Standardwerten 1,2 bis 1,4 Prozent, bei Nebenwerten 1,4 bis 1,8 Prozent. Mehr sollten Anleger nicht zahlen.

Nie hatten Sparer so viele Möglichkeiten, ihr Geld anzulegen, selten war die Unsicherheit aber so groß: Jeden Montag beschäftigt sich die SZ-Serie "Geldwerkstatt" mit den wichtigsten Grundlagen.

© SZ vom 08.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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