Studie zu E-Autos:Elektromobilität gefährdet 75 000 Jobs in der deutschen Autoindustrie

Vierzylinder-Dieselmotoren aus dem Motorenwerk Kölleda

Wird wohl in Zukunft weniger gefragt sein: Montage von Dieselmotoren bei Daimler

(Foto: Martin Schutt/dpa)
  • Insgesamt könnte jeder elfte Arbeitsplatz in Deutschlands wichtigster Branche wegfallen.
  • Vor allem in der Antriebstechnik werden künftig viel weniger Beschäftigte gebraucht.

Der Wandel in der Automobilindustrie wird dramatische Folgen für den deutschen Arbeitsmarkt haben. Durch die Umstellung auf Elektromobilität könnten etwa 75 000 Arbeitsplätze wegfallen. Das ist jeder elfte Arbeitsplatz in der Automobilindustrie und sogar jede zweite Stelle in der Antriebstechnik. Zu dem Ergebnis kommt eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation im Auftrag der IG Metall und des Verbands der Automobilindustrie (VdA).

Der Prognose zufolge dürfte der Personalbedarf vor allem bei vielen Zulieferern in den kommenden Jahren deutlich sinken. Auch die Folgen für kleinere Unternehmen können drastisch sein, wenn sie beispielsweise ihre Komponenten für Verbrennungsmotoren nicht mehr gewinnbringend verkaufen können. Zwar entstehen auch Arbeitsplätze, wenn der Bedarf an Batterien und Technik für E-Autos steigt: Die Ökonomen rechnen mit einem Plus von rund 25 000 Stellen. Diese sind beim Minus von 75 000 Jobs allerdings schon rausgerechnet.

Viele Angestellte sorgen sich angesichts dieser Aussichten. Angstmacherei sei jedoch unbegründet, sagt der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann. "Die Herausforderung ist groß, aber zu bewältigen, wenn jetzt die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden", sagt er. Hofmann sieht neben der Politik vor allem die betroffenen Unternehmen in der Pflicht, auf die Veränderungen frühzeitig zu reagieren. So müssten die Firmen mit einer "massiven Qualifizierungs-Offensive" dafür sorgen, dass die Beschäftigten ihre Jobs nicht verlieren, sondern sich ihre Arbeit lediglich verändert.

In einem Elektroantrieb sind laut VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh nur ein Sechstel so viele Teile verbaut wie in einem Benzin- oder Dieselantrieb. Eine Batteriefabrik benötigt demnach außerdem nur ein Fünftel so viele Arbeitskräfte wie ein Motorenwerk. Daneben braucht es etwa ein Drittel weniger Arbeitszeit, um ein E-Auto zu fertigen.

Bislang sind auf deutschen Straßen nur einige Zehntausend Elektroautos unterwegs. Vielen Verbrauchern sind sie schlicht zu teuer, sie bemängeln die relativ geringe Reichweite und das spärliche Netz an Ladestationen. Das eigentliche Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen zu bekommen, hat diese mittlerweile wieder kassiert.

Die Studie basiert auf dem Szenario, dass bis 2030 etwa ein Viertel der Fahrzeuge in Deutschland rein elektrisch angetrieben wird. Sechzig Prozent der Fahrzeuge haben in zwölf Jahren demnach noch einen Otto- oder Dieselmotor, der Rest sind Plug-in-Hybride. Das Szenario setzt gleichzeitig jedoch voraus, dass die Komponenten für Hybrid- und Elektrofahrzeuge weitgehend in Deutschland hergestellt werden - was keineswegs gesagt ist. In der E-Mobilität ist China einen großen Sprung voraus: Bereits seit 2016 rollen in dem Land mehr als 650 000 E-Fahrzeuge auf der Straße, 75 E-Modelle stehen den Chinesen zur Verfügung.

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