Studie:Malade zur Maloche

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Oft ist im Job von Blaumachern die Rede. Viel häufiger ist aber ein anderes Phänomen. Es gibt mehr Deutsche, die sich krank ins Büro schleppen, als Menschen, die sich mit Lügen und Ausreden vor der Arbeit drücken.

Nach Einschätzung eines Arbeitspsychologen gehen mehr Menschen krank ins Büro, als sich Menschen völlig ohne Grund krankmelden. "Es wird sicherlich Leute geben, die auch mal blaumachen", sagte Professor Conny Antoni von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs). Umfragen deuteten aber darauf hin, dass es verbreiteter sei, trotz Unwohlseins arbeiten zu gehen.

Gerade untersuchte das Institut YouGov, wie häufig Arbeitnehmer ihrem Chef eine Krankheit vorgaukeln. Das Institut fragte, was Menschen in den vergangenen zwölf Monaten getan haben, um nicht zum Job gehen zu müssen. Sechs Prozent gaben an, sie hätten gesagt, sie seien krank, obwohl sie gesund waren. Ebenfalls sechs Prozent sagten, sie hätten eine Krankheit schlimmer dargestellt, als sie in Wahrheit gewesen sei. "Ich habe eine andere Entschuldigung erfunden, die nicht wahr war", erklärten vier Prozent der Befragten. 58 Prozent gaben an, nichts davon gemacht zu haben. Die Umfrage ist nach Angaben von YouGov repräsentativ für die deutsche Bevölkerung.

Dass man blaumache, sei wahrscheinlich auch etwas, was man nicht so gerne zugebe, sagte Psychologe Antoni von der Universität Trier zur Einordnung. Nach seinen Angaben deuten andere Studien aber vor allem darauf hin, dass es mehr Arbeitnehmer gibt, die krank ins Büro gehen. Der Fachbegriff sei Präsentismus. "Man ist anwesend, geht zur Arbeit, obwohl man sich krank fühlt", erklärte Antoni. In einer Untersuchung von 2012, dem sogenannten Stressreport, hätten 36 Prozent angegeben, sie seien im zurückliegenden Jahr zur Arbeit gegangen, obwohl sie krank gewesen seien. Daten auf europäischer Ebene hätten ähnliche Werte ergeben, sagte Antoni. Auch eine Umfrage im Auftrag der Krankenkasse DAK hatte das Phänomen untersucht. Demnach kuriert sich vor allem die durch Karriere und Familie belastete "Rushhour"-Generation zwischen 30 und 40 Jahren nicht aus.

Das Thema sei in den vergangenen Jahren stärker in den Fokus gerückt, erklärte Antoni. Ob man trotz Krankheit im Büro erscheine, liege auch daran, ob man um seinen Arbeitsplatz fürchte. Menschen gingen eher krank ins Büro, wenn sich die wirtschaftliche Situation des Unternehmens verschlechtere oder wenn sie ihr Verhältnis zum Chef und zum Team noch nicht sicher einschätzen könnten.

© SZ vom 02.11.2015 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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