Studie:Für eine "Rente 67+"

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Ein Pensionär sitzt im Schatten eines Baumes: Die Rente mit 67 wird wohl zunächst kaum Entlastung bringen. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Selbst wenn alle Versicherten länger im Job blieben, könnte das einer Studie zufolge der Rentenversicherung nur begrenzt helfen. Die Versicherer propagieren deshalb das längere Arbeiten - zumindest ein bisschen.

Von Thomas Öchsner, Berlin

65 Jahre und fünf Monate - so alt muss ein Arbeitnehmer derzeit sein, um ohne Abschläge oder Nutzung von Sonderregeln (Rente mit 63) in den Ruhestand gehen zu können. 2031, wenn die Anhebung der gesetzlichen Regelaltersgrenze in der letzten Stufe umgesetzt ist, werden es sogar 67 Jahre sein. Tatsächlich können oder wollen das aber viele nicht schaffen: Für Frauen lag das Renteneintrittsalter 2014 bei 64,3 Jahren, für Männer bei 64 Jahren. Und auch das ist nur begrenzt aussagekräftig, weil es nichts darüber aussagt, ob der Neurentner vorher gearbeitet hat oder arbeitslos oder krank war. Wie aber wäre es, wenn alle zukünftigen Rentner tatsächlich bis zum 67. Lebensjahr arbeiteten?

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat das Analysehaus Prognos einmal rechnen lassen. Dabei zeigt sich: Selbst wenn alle Versicherten deutlich länger im Job blieben, könnte dies - wegen der großen Zahl der Neurentner aus den Babyboomer-Jahrgängen - der Rentenversicherung nur begrenzt helfen. Angenommen, die Versicherten arbeiteten tatsächlich bis 67, dürfte dies aber die Beitragszahler entlasten. Der Rentenbeitrag würde bis 2030 von derzeit 18,7 auf 21 Prozent steigen statt auf knapp 22 Prozent. Diese wären fällig, wenn die Entwicklung so wie jetzt weiterginge. Auch das Rentenniveau, also das Verhältnis des Durchschnittsverdiensts zur Standardrente, würde bis 2030 von im Moment knapp 48 auf 45,2 fallen. Sonst wären es gut 44 Prozent. Die monatliche Standardrente wäre also 2030 um gerade mal 16 Euro höher.

Etwas größer wäre der Effekt, wenn die Bundesregierung von 2030 an das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung koppelte. Gäbe es statt der Rente mit 67 eine "Rente 67+", müsste ein Versicherter 2040 dann bereits 67,6 Jahre arbeiten. Das Rentenniveau läge nach den Prognos-Berechnungen so bei 42,2 Prozent. Das sind etwas mehr als die 41,7 Prozent, die das Analysehaus bei einer unveränderten Entwicklung für 2040 unterstellt.

Was aus dieser Prognose für Rückschlüsse zu ziehen sind, bleibt aber umstritten. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagt: "Das Rentenalter anzuheben bringt praktisch nichts für die Rente. Trotz längerem Arbeiten bliebe das Rentenniveau auf Talfahrt." Der DGB will deshalb mit einer Kampagne dafür fechten, dass das Rentenniveau wieder angehoben wird.

Anders GDV-Präsident Alexander Erdland: Er will nicht die Rente mit 70 propagieren, zumindest nicht öffentlich, sagt aber: "Längeres Arbeiten kann kein Rentenniveau garantieren, wie wir es von früher kennen. Das geht nur, wenn wir alle drei Säulen der Altersvorsorge stärken. Also auch die betriebliche und private Vorsorge." Und das war ja auch der Zweck der Veranstaltung: Mal wieder - zum Segen der Versicherungswirtschaft - die unterschwellige Botschaft unters Volk zu bringen, dass die Deutschen mehr fürs Alter vorsorgen sollen.

© SZ vom 14.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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