Studie:Brexit vergrault Fachkräfte

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Zwei Millionen Menschen aus anderen EU-Staaten arbeiten in Großbritannien. Viele von ihnen erwägen, wegen des Brexit das Königreich wieder zu verlassen. Viele fühlen sich dort weniger willkommen als früher.

Von Björn Finke, London

Zwei Millionen Menschen aus anderen EU-Staaten arbeiten in Großbritannien. Viele von ihnen erwägen, wegen des Brexit das Königreich wieder zu verlassen. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage der Beratungsgesellschaft KPMG unter 2000 EU-Ausländern. Besonders beunruhigend aus Sicht britischer Unternehmen ist, dass der Austritt zahlreichen Hochqualifizierten das Leben auf der Insel verleidet. Der Studie zufolge denken 55 Prozent der EU-Ausländer mit einem Doktortitel über einen Umzug nach, bei Angestellten mit Master-Abschluss beträgt die Quote 49 Prozent. Als Grund geben die Teilnehmer an, dass sie sich nach dem Sieg des Brexit-Lagers im Referendum weniger willkommen fühlten und das Land an Attraktivität verloren habe.

Die Resultate passen zu den jüngsten Daten der Statistikbehörde. Demnach sank die Netto-Einwanderung in den zwölf Monaten bis März 2017 auf 246 000, den niedrigsten Wert seit drei Jahren. 2016 lag die Zahl noch bei 327 000. Die Netto-Einwanderung berechnet sich, indem die Zahl der Auswanderer von der Zahl der Einwanderer abgezogen wird. Die britische Regierung verspricht seit 2010, diesen Wert auf unter 100 000 zu drücken. Premierministerin Theresa May, früher als Innenministerin für Migration zuständig, will das Versprechen nach dem Brexit endlich einlösen. Nach dem Austritt soll das Vereinigte Königreich Einwanderung aus EU-Staaten kontrollieren können.

Ursache des Falls bei der Netto-Einwanderung ist, dass viele Osteuropäer Großbritannien im vergangenen Jahr verlassen haben. Als Gründe nennen Fachleute den Absturz des Pfundkurses, der Jobs in Euro-Staaten attraktiver macht, und Unsicherheit wegen des anstehenden Brexit. Zugleich kommen weniger Osteuropäer ins Königreich. Das spüren bereits die Bauern. Deren Verband, die National Farmers' Union, ermittelte in einer Umfrage im Mai, dass die Zahl ausländischer Erntehelfer auf der Insel um ein Sechstel gesunken ist.

Wirtschaftsverbände lehnen Mays harten Kurs bei der Einwanderungspolitik ab. Die Arbeitslosenquote liegt bei 4,4 Prozent, dem niedrigsten Wert seit vier Jahrzehnten, und die Unternehmer Ihrer Majestät klagen über die Mühe, ausreichend Fachkräfte zu finden. Die Pläne der Premierministerin stoßen auch im Kabinett auf Widerstand. Doch bisher hält die Konservative an ihrem Kurs fest.

© SZ vom 29.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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