Streit um Einfluss Niedersachsens beim Autokonzern:EU klagt erneut gegen VW-Gesetz

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Drei Jahre herrschte Ruhe, jetzt facht die EU-Kommission den Streit um das VW-Gesetz wieder an. Gegen die Bestimmungen, die dem Land Niedersachsen ein Vetorecht bei dem Autokonzern einräumen, will Brüssel erneut Klage einreichen. Deutschland habe nötige Änderungen nicht umgesetzt. Der VW-Betriebsrat schäumt.

Trotz heftiger Kritik aus Deutschland will die EU-Kommission wegen des VW-Gesetzes nach SZ-Informationen erneut vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. "Wir sind der Auffassung, dass die deutschen Behörden das Gerichtsurteil von 2007 nicht vollständig umgesetzt haben", heißt es in einem Beschluss der Kommission, aus dem die Deuschen Presse Agentur zitiert. "Wir werden daher fordern, dass das Gericht ein Bußgeld verhängt."

Der Streit um das VW-Gesetz schwelt seit Jahren. Nun geht es um die Sperrminorität, die dem Land Niedersachsen bei dem Wolfsburger Autohersteller garantiert ist. Nach Ansicht von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier widerspricht diese Praxis dem Geist des europäischen Binnenmarktes. Das Gesetz sichert dem Land Niedersachsen mit seinem Anteil von 20,2 Prozent faktisch ein Vetorecht in allen wichtigen Entscheidungen. Dieses Recht bewahrte Volkswagen beispielsweise vor der Übernahme durch Porsche.

Bereits 2007 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg die Bundesregierung zu Änderungen am VW-Gesetz verurteilt. So hatte Berlin die Zusammensetzung des Aufsichtsrates geändert und eine Deckelung der Stimmrechtsanteile zurückgenommen. Die Sperrminorität für Niedersachsen blieb aber unangetastet. Die Kommission weigerte sich daraufhin, ihr Verfahren einzustellen. Wegen politischer Rücksichten auf Deutschland ließ die EU-Behörde den Streit aber mehrere Jahre lang ruhen.

Die niedersächsische Landesregierung sowie der VW-Betriebsrat und die IG Metall laufen seit Wochen Sturm gegen die Pläne der EU-Kommission. Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) hat ebenso wie der VW-Betriebsrat in einem Schreiben die EU-Kommission darum gebeten, das Verfahren nicht weiter zu verfolgen. Die Befürworter des VW-Gesetzes sehen die Arbeitnehmerinteressen und die demokratische Mitbestimmung in Gefahr. Das Land Niedersachsen könnte seine privilegierte Stellung ("Goldene Aktie") verlieren. In letzter Konsequenz droht ein millionenschweres Bußgeld.

"Die Empörung und Wut über die Pläne der EU sind sehr groß", sagte der IG-Metall-Bevollmächtigte Lothar Ewald am Mittwoch. "Wir werten dies als Angriff auf die Mitbestimmung und den Schutz der Beschäftigten vor feindlicher Übernahme und Shareholder-Value", kritisierte er vor rund 100 Teilnehmern einer Protestaktion. Ewald erinnerte an die Proteste bei der EU-Klage gegen das VW-Gesetz im Jahr 2008. Damals hätten sich 40.000 Kollegen bei Volkswagen versammelt: "Wenn es sein muss, bringen wir die auch nach Brüssel."

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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