Streik der Taxifahrer:Hupen gegen die unliebsame Konkurrenz

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Für Taxifahrer in Berlin gelten strenge Regeln - selbst die Farbe des Autolacks ist vorgeschrieben. Doch der amerikanische Chauffeurdienst Uber hält sich nicht daran und macht zudem seine eigenen Preise. Nun gehen die etablierten Anbieter auf die Barrikaden.

Von Nadia Pantel, Berlin

Auf dem Autodach ist noch ein wenig Vogeldreck, aber immerhin glänzen die Scheiben. Der Mann mit dem großen Lachen und den kleinen Locken putzt sein Taxi für den Beginn seines neunstündigen Arbeitstages. Ob er heute nicht streikt? "Nee, ich brauch' das Geld." Schulterzucken, großes Lachen und dann noch mal mit dem Wischlappen ran an den Lack. An den hellelfenbeinfarbigen Lack. Der ist in Berlin für Taxis vorgeschrieben. So, wie vieles andere auch. Dafür, dass diese Taxi-Regeln erhalten bleiben, demonstrierten am Mittwoch in der Hauptstadt gut 500 Fahrer.

Während einige Taxifahrer vor dem Hauptbahnhof Bahnreisende und deren Koffer ran winken, haben sich hinter dem Hauptbahnhof diejenigen versammelt, deren Rückbänke an diesem Tag leer bleiben. Khalil Matar ist einer von ihnen. Sonnenbrille, dicke silberne Halskette und orangene Warnweste. Heute ist Matar Ordner, an allen anderen Tagen ist er "der Transporter". Weil er "immer alles transportiert". Früher als Busfahrer, dann als Rettungsdienstfahrer, seit fünf Jahren als Taxifahrer. 2000 Euro und ein halbes Jahr Zeit hat der 33-Jährige investiert, bis er den Personenbeförderungsschein in der Hand hielt. "Da steckt nicht nur Geld drin, sondern auch Fleiß." Er hat sich an die Regeln gehalten. Jetzt will er, dass sich auch die anderen an die Regeln halten.

Die anderen, also der Feind, das ist an diesem Demo-Tag die Taxi-App Uber aus San Francisco. Uber bietet auf den ersten Blick dasselbe an wie Taxis: Transport von A nach B. Nur eben ohne hellelfenbein, ohne Taxischein, ohne die Auflagen des Personenbeförderungsgesetzes. Stattdessen mit Preisen, die sich flexibel nach Angebot und Nachfrage richten. "Da fahren irgendwelche Leute herum, die niemand überprüft. Das ist doch total gefährlich!" Matar nimmt die Sonnenbrille ab. Man soll sehen, wie sehr ihn das aufregt. "Die nehmen uns die Kunden weg."

In Brüssel ist Uber verboten

Noch zorniger als Matar waren an diesem europäischen Anti-Uber-Aktionstag die Taxifahrer in Madrid, London und Paris, wo ihr Streik ganze Straßen blockierte. In Brüssel ist Uber ohnehin verboten. In Berlin untersagte das Landesgericht zwar im April die konzessionslosen Fahrer, doch Uber fährt einfach weiter.

Burkhard Zitschke manövriert sein Taxi durch den Mittagsverkehr und links und rechts von ihm hupen die Kollegen. Ausnahmsweise nicht, um schneller voranzukommen, sondern weil sie gemeinsam etwas erreichen wollen. "Das ist ja ein Einzelkämpfer-Beruf. Wenn man den ganzen Tag alleine im Auto sitzt, fördert das nicht den Gemeinschaftssinn."

Zitschke hat 1976 begonnen, Taxi zu fahren, um sein Studium zu finanzieren. Dann hat er 17 Jahre lang als Entwicklungsingenieur gearbeitet. Seit er Ende der Neunzigerjahre arbeitslos wurde, sitzt er wieder hinterm Steuer. Als Angestellter. Als er merkte, wie schwierig es ist, Taxiunternehmen zu finden, die für ihre Fahrer Rentenversicherung, Lohnfortzahlung, Sozialabgaben übernehmen, ging er in die Gewerkschaft. Heute ist er Sprecher der Arbeitsgruppe Taxi bei Verdi. Uber ist für ihn ein Problem unter vielen. "Es gibt zu viele Betriebe, die nicht korrekt abrechnen", sagt Zitschke. Weil es aber mit Uber jetzt "einen gemeinsamem Feind" gebe, hätten die Taxi-Fahrer die Chance, sichselber stärker an die Pflichten zu halten, die sie für Uber einfordern. "Wir können uns gegen die Konkurrenz nur durchsetzen, wenn wir unsere Qualität halten." Das bedeutet für Zitschke: Einführung eines Fiskaltaxameters, das Daten ans Finanzamt übermittelt, strenge Arbeitszeitkontrolle und eine aufwendigere Ausbildung.

Während Zitschke im Hup-Korso durch die Hauptstadt fährt, sagt Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf einer Pressekonferenz: "Wir haben ein Personenbeförderungsgesetz, wo geregelt ist, dass es genehmigungspflichtig ist, wenn entgeltlich und geschäftsmäßig Personenbeförderung betrieben wird. Die Länder sind verpflichtet dafür zu sorgen, dass es eingehalten wird." Etwa zur selben Zeit lässt sich Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bei einem kleinen Start-Up-Festchen eine "I-love-Uber"-Brille auf die Nase setzen. Und noch etwas später wird Pierre-Dimitri Gore-Cotyder, Europachef von Uber, damit prahlen, dass sein Dienst an diesem Tag quer durch Europa sechs bis achtmal mehr neue Kunden gewonnen habe als an gewöhnlichen Tagen.

© SZ vom 12.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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