Störungen im Computersystem:Arbeitsvermittler zur Arbeitslosigkeit gezwungen

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  • Technische Probleme haben das IT-Netz der Bundesagentur für Arbeit lahmgelegt - und damit sämtliche Arbeitsagenturen und Jobcenter in ganz Deutschland.
  • Die Ursache ist bisher unklar. Der Fehler konnte noch nicht behoben werden.

Von Pia Ratzesberger, München

Mit Ordnern bepackte Aktenschränke - wie viel Ballast war das früher bloß bei den Behörden. Dank der Digitalisierung konnte hier ordentlich aufgeräumt werden. Bei den deutschen Arbeitsagenturen setzt man mittlerweile auf elektronische Akten. Mit Hilfe von Hochleistungsscannern wurden dafür vor drei Jahren pro Stunde 10 000 Seiten digitalisiert, in allen Arbeitsagenturen und Hunderten weiteren Dienststellen die sogenannten "E-Akten" eingeführt. Welch ein Fortschritt - keine andere Behörde in Europa sei schon so weit im Kampf gegen die Papierverschwendung, rühmte man sich damals.

Doch ein Fortschritt kann mitunter zum Rückschritt werden. Zum Beispiel, wenn technische Probleme im zentralen IT-Netz der Bundesagentur für Arbeit (BA) auftreten und damit sämtliche Arbeitsagenturen und Jobcenter lahmlegen. In der Nacht zum Montag ist genau das geschehen: Am Morgen konnten Mitarbeiter keine Kundendaten und keine Stellenangebote mehr aufrufen, keine Vermittlungsgutscheine ausstellen und keine Mails mehr empfangen. Auch die Webseite der BA war zunächst für niemanden mehr erreichbar. "Alles, was mit elektronischer Verarbeitung zu tun hat, funktioniert heute nicht", sagte ein Sprecher der Nürnberger Behörde.

Was hinter der Störung stecken könnte

Grund für die Störung könnte eine Software-Aktualisierung am Sonntag gewesen sein. Doch: Wo der Fehler genau liege, wisse man nicht. Deshalb war auch unklar, wann er wieder behoben werden könne. "Wir hoffen selbstverständlich, dass das System in wenigen Stunden wieder funktioniert und wir arbeiten mit Hochdruck daran. Sicher ist es aber nicht", sagte der BA-Sprecher.

Die Arbeitsvermittlung in ganz Deutschland von einem Tag auf den anderen komplett blockiert - was also nun tun mit all den Klienten? Über die man plötzlich nichts mehr weiß, weil die Akte nicht mehr auf dem Bildschirm erscheint? Denen man ohnehin keinen Job anbieten kann, weil sich die Stellenangebote nicht öffnen lassen? Alle wieder wegschicken?

Warum Klienten ein Problem bekommen könnten

Nur kurze Zeit nach Bekanntwerden des Problems hatte der Sprecher der Neubrandenburgischen Agentur für Arbeit eine simple Lösung parat, um es den Mitarbeitern etwas einfacher zu machen: Arbeitssuchende, die am Montag einen Termin hätten, sollten den Besuch doch einfach auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Dass ihnen im Zweifelsfall dann Sanktionen drohen, weil sie nicht fristgemäß bei ihrem Jobcenter erschienen sind - das hatte der Sprecher womöglich übersehen.

"Alle Klienten sollen trotz der technischen Probleme ihre Besprechungen wahrnehmen. Auf gar keinen Fall sollen sie Termine verschieben", widersprach ihm deshalb der Kollege von der Nürnberger Bundesagentur. Die Mitarbeiter an den Schaltern würden im Notfall auf Papier bestätigen, dass die Leute keine Pflichttermine versäumt hätten. Auch neue Arbeitslosenmeldungen könnten per Hand statt per Tastatur aufgenommen werden. Technische Probleme gibt es bei schriftlichen Notizen nämlich selten.

© SZ vom 21.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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