Stiftung Warentest prüft Zusatzversicherungen:Auf den Zahn gefühlt

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Ein Gebiss, fast so teuer wie ein Kleinwagen: Immer mehr Patienten zahlen horrende Summen beim Zahnarzt, weil die Kassen bei Kronen oder Implantaten nur einen Bruchteil der Kosten übernehmen. Zahnzusatzversicherungen werden deshalb immer beliebter - doch was taugen sie wirklich? Die Stiftung Warentest hat knapp 150 Tarife überprüft.

Guido Bohsem

Schlechte Zähne kosten Geld - heute mehr denn je. Die Kosten für Implantate, Kronen und Inlays steigen mit den gewachsenen Ansprüchen an ein schönes Lächeln. Und auch die kürzlich vereinbarte Reform der Gebührenordnung für die Zahnärzte macht die Sache teurer.

Der überarbeitete Leistungskatalog für Privatpatienten bringt jedem Zahnarzt pro Jahr rein rechnerisch etwa 5000 Euro ein. Fast die Hälfte davon, insgesamt etwa 165 Millionen Euro, bezahlen die Kassenpatienten. Denn für viele Leistungen zahlen die gesetzlichen Krankenversicherungen nur einen kleinen Teil. Der Rest wird privat abgerechnet. Ein Implantat mit vollständig verblendeter Metall-Keramik-Krone kann beispielsweise bis zu 3000 Euro kosten, von der Kasse gibt es lediglich 387 Euro.

"Wer mehrere Implantate braucht, dessen neues Gebiss kostet schnell mehr als ein Kleinwagen", urteilt Chefredakteur der Zeitung Finanztest, Hermann-Josef Tenhagen. Kein Wunder also, dass inzwischen rund 13 Millionen Deutsche eine zusätzliche Zahnversicherung abgeschlossen haben. Finanztest hat deshalb 147 gängige Tarife untersucht. Im Vergleich zu den Tests davor kamen die Prüfer zu einem durchaus positiven Ergebnis. 33 Tarife erhielten die Note "sehr gut" und bei 56 Tarifen gab es ein "gut". 23 wurden von den Prüfern jedoch als gerade noch ausreichend eingestuft.

Extraregeln, einschränkende Klauseln, verwirrende Begriffe

Nach Tenhagens Worten ist eine Zahnzusatzversicherung zwar nicht so zwingend notwendig wie beispielsweise eine Haftpflichtversicherung. Wer sich aber die Prämien leisten könne und Wert auf gute Zähne lege, solle ernsthaft erwägen, sich eine solche Police anzuschaffen. "Eine Zahnzusatzversicherung kann durchaus sinnvoll sein."

Einfach ist das allerdings nicht. Denn im Tarif-Dschungel der Zahnzusatzversicherungen wimmelt es von Extra-Regeln und einschränkenden Klauseln. Um eine gute Versicherung zu erkennen, reiche es bei weitem nicht, sich einfach nur die Namen der Konzerne zu merken, sagte Tenhagen. So biete etwa Ergo Direkt neun unterschiedliche Tarife an, von denen einige von Finanztest mit "sehr gut", andere mit "ausreichend" bewertet wurden.

Auch sorgten die Begrifflichkeiten häufig für Verwirrung. So verspreche etwa die Axa im Tarif Dent eine Erstattung von 100 Prozent, sagte Finanztest-Experte Holger Rohde. Beim genauen Hinschauen stelle man jedoch fest, dass damit etwas anderes gemeint ist als eine vollständige Übernahme der Kosten. Vorgesehen ist nämlich lediglich, dass der Versicherte 100 Prozent des Kassenzuschusses zur Regelleistung erhält - im Fall des 3000 Euro teuren Implantats also genau 387 Euro. Andere Versicherungen übernahmen keinen Cent von den zusätzlichen Kosten, wiederum andere zahlten mehr als 2300 Euro.

Schwierig ist es auch, den richtigen Zeitpunkt für eine Zahnversicherung zu erwischen. Günstig kann man sie abschließen, wenn man noch jung ist und ein gutes Gebiss hat. Dann kann eine sehr gute Versicherung laut Rohde relativ wenig kosten. Im Monat sei man unter Umständen mit zwei bis fünf Euro dabei.

Wer allerdings als über 40-Jähriger entscheidet, eine "sehr gute" Versicherung für die Zähne abzuschließen, muss deutlich mehr ausgeben. Für 43-Jährige kosten sie laut Tenhagen bereits zwischen 30 und 33 Euro. Mit zunehmendem Alter steigen die Beiträge weiter an. Ein 73-Jähriger kommt schnell auf eine monatliche Prämie von knapp 40 Euro.

Vor Abschluss einer Versicherung gilt laut Finanztest eine ziemlich einfache Regel: nicht zu lange warten. Wer bereits Zahnschmerzen hat oder wem gerade ein Stück Schmelz weggebrochen ist, kann für diesen Fall keine Versicherung mehr abschließen. Denn in allen Fällen sehen die Policen am Anfang eine Wartezeit von acht Monaten vor.

"Nur was heute gesund ist, ist künftig zu versichern"

In den meisten Tarifen begrenzen die Versicherer ihre Leistungen zudem in den ersten Vertragsjahren. Für Zähne, an denen der Zahnarzt bereits ein Problem diagnostiziert hat, kommt keine Versicherung auf. Laut Tenhagen sollten sich die Versicherungskunden eines genau überlegen: "Nur was heute gesund ist, ist künftig zu versichern".

Grundsätzlich kann der Kunde zwischen zwei verschiedenen Modellen der Zahnversicherung wählen. Das eine ist aufgebaut wie eine Lebensversicherung, das andere funktioniert wie eine Schadenversicherung. Hört sich kompliziert an, ist aber ziemlich einfach. Wer seine Zähne nach Art der Lebensversicherung versichert, der bezahlt anfangs einen höheren Tarif, hat später aber keine deutlichen Beitragssteigerungen zu befürchten, weil er sich eine Rücklage anspart. Beim Schadensfallmodell gelten andere Regeln. Dort sind die Beiträge anfangs recht niedrig. Sie ziehen aber später deutlicher an, falls man eine neue Altersgruppe erreicht hat.

Nach Rohdes Worten will Finanztest aber keine eindeutige Wertung für eines der beiden Modelle abgeben. Beide hätten sich einander sehr angenährt. Viel komme auch auf die persönliche Lebenssituation an, weshalb eine allgemeine Empfehlung nicht sinnvoll sei. Wer monatlich nicht so viel Geld zur Verfügung habe, finde auch unter den mit "gut" bewerteten Angeboten einige gute Tarife. Hier gebe es für 43-jährige Männer und Frauen eine Zahnzusatzversicherung schon für acht bis 15 Euro.

© SZ vom 18.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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