Wäre die Bundesrepublik ein Unternehmen, dann wäre die Aktie gefragt: Die wesentlichen Produkte laufen ganz gut, die Einnahmen sprudeln aus allen möglichen Quellen, und das auch für die Tochterfirmen. Nicht nur dem Bund geht es gut, sondern auch den Ländern und Kommunen. Und die weiteren Aussichten sind sehr gut: Behalten die Steuerschätzer recht, dann wird sich daran so schnell nichts ändern.
Bis 2021 kann der Gesamtstaat demnach mit 54 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen rechnen. Schon für dieses Jahr soll ein Rekordwert von 732 Milliarden Euro erreicht werden, knapp acht Milliarden mehr als bisher angenommen. Mehr als 40 Prozent der Steuereinnahmen entfallen jeweils auf den Bund sowie die Länder, knapp 15 Prozent erhalten die Gemeinden und ein kleinerer Rest geht an die EU.
Die Steuerschätzer erwarten insbesondere für die Länder und Gemeinden eine deutlich bessere Entwicklung als in der letzten Steuerschätzung von November vorhergesagt. Beim Bund dagegen wirken sich die Beteiligung an den Ingegrationskosten von Ländern und Gemeinden dämpfend aus. Insgesamt spiegelt sich in den Zahlen die weiterhin robuste wirtschaftliche Entwicklung wider. Die Menschen konsumieren und die Beschäftigung ist auf Rekordniveau, Löhne und Unternehmensgewinne steigen und damit auch die Steuereinnahmen.
Im Wahlkampf blühen Ideen, was man mit dem Geld anstellen könnte
Wie in einem Unternehmen stellt sich auch für den Staat nun die große Frage: Und jetzt? Was Bund, Länder und Gemeinden mit dem Geld verrichten, bleibt den jeweiligen Parlamenten überlassen, eine Zweckbindung von Steuereinnahmen gibt es nicht. Der Bund hat für seinen nächsten Haushalt die Eckwerte schon aufgestellt, danach könnte er in diesem Jahr knapp 330 Milliarden Euro ausgeben, über die Jahre sollen die Ausgaben leicht ansteigen. Und weil Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ohne Nettoneuverschuldung auskommen will, wären die Einnahmen tatsächlich ebenso hoch. Wenn alles klappt.
Beschließen muss den neuen Haushalt aber die nächste Bundesregierung, und der Wahlkampf brandet gerade erst auf. Folgerichtig gibt es auch schon alle möglichen Ideen, was sich sonst noch mit dem Geld anstellen ließe. Ähnlich einer Dividende ließen sich Teile davon an die Bürger ausschütten, in Form von Steuersenkungen. Aus der CSU etwa werden schon Forderungen nach einer wahren "Steuersenkungsoffensive" laut, etwa durch eine Halbierung des Solidaritätszuschlags. Er wird auf die Einkommensteuer erhoben; seine Senkung entlastete damit alle, die Geld verdienen und versteuern.
Andere, darunter auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, wollen lieber mehr investieren. "Meine Leitlinie wird sein: Vorfahrt für Investitionen", hat er kürzlich vor Wirtschaftsvertretern erklärt. Wie die Sache ausgeht, wird sich bei der Bundestagswahl im September zeigen. Die ist schließlich so etwas wie die Hauptversammlung der Anteilseigner.