Steuererklärung:Mehr digitale Empathie

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Jedes Jahr wieder: Die Steuererklärung ist fällig. Das ist oft viel Arbeit, aber meist gibt es Geld zurück. (Foto: Jochen Tack/Imago)

Immer mehr Bürger machen ihre Steuererklärung am Computer. Die Bundestags-Grünen wünschen sich nun eine benutzerfreundlichere Software.

Von Benjamin Emonts, Berlin

Wer bei Internet-Suchmaschinen "Elster nervt" eingibt, bei dem ploppen nicht nur Beschwerden über ruhestörende Singvögel auf. Ein User namens "Steuerpatriot" beklagt sich leidenschaftlich über die gleichnamige Software Elster, mit der hierzulande Steuererklärungen digital ausgefüllt und eingereicht werden können. "Eine Katastrophe" sei das Programm, echauffiert sich der User. Wenn er früher einen Sonntag lang für seine Steuererklärung gebraucht habe, seien es mit Elster heutzutage drei Wochen.

Dass sich manche Bürger über das Steuerprogramm aufregen, ist auch aus mündlichen Erzählungen überliefert. Es sei zu langsam, zu kompliziert, zu überladen. Aber liegt es an der digitalen Unfähigkeit des Bürgers? Oder bekommt es der Staat nicht hin, verständliche Programme an die Hand zu geben? Die Schweizer Hochschule IMD hat im September immerhin eine Studie veröffentlicht, in der Deutschland beim Thema Digitalisierung lediglich auf Rang 17 rangiert, hinter Nachbarn wie der Schweiz oder den Niederlanden.

Das Bemühen der Bürger ist offensichtlich vorhanden. Eine kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Danyal Bayaz und seiner Grünen-Fraktion zur Digitalisierung im Steuerwesen hat nun ergeben, dass die Zahl der Deutschen, die ihre Einkommenssteuererklärung digital einreichen, kontinuierlich zunimmt. Während im Jahr 2008 lediglich 23 Prozent der Erklärungen elektronisch abgegeben wurden, waren es 2018 bereits 64 Prozent, heißt es in dem Antwortschreiben der Bundesregierung, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Der Anteil nimmt demnach seit 2008 jedes Jahr zu.

Um diese Entwicklung zu fördern, fordert der Grünen-Abgeordnete Bayaz von den Finanzbehörden "mehr digitale Empathie", wie er sagt. "Die Handhabbarkeit für die Anwender muss stärker im Vordergrund stehen". Denn wie das Ergebnis der Anfrage auch zeigt, wollen die Deutschen beim Ausfüllen der E-Steuererklärung an die Hand genommen werden. Die sogenannte "vorausgefüllte" Steuererklärung erlebt einen regelrechten Boom. Daten, die vom Arbeitgeber oder der Sozialversicherung an das Finanzamt übermittelt wurden, können damit in die eigene Erklärung eingefügt werden. Eigens eingetragene Daten werden zudem automatisch auf ihre Plausibilität überprüft, wodurch sich Fehler besser vermeiden lassen. Während im Jahr 2014 also nur 521 Privatpersonen eine vorausgefüllte Steuererklärung abgaben, waren es im Jahr darauf bereits 1,2 Millionen und im Jahr 2018 fast 13 Millionen. Bayaz fordert dennoch, auch diese Funktion noch empathischer zu gestalten - hinsichtlich Design und Funktionalität.

Bei allem Fortschritt offenbart die kleine Anfrage allerdings auch, wie rückständig die Deutschen immer noch in der Gleichberechtigung von Mann und Frau sind. Nach der aktuellsten Lohn- und Einkommensstatistik aus dem Jahr 2015 verdiente in weniger als 20 Prozent der Ehen die Frau mehr als der Mann. Auch formal schlägt sich die Bevorzugung des Mannes nieder. Bei Ehepartnern mit gemeinsamen Steuererklärungen wird immer noch in "Steuerfall A", das ist jener des Mannes, und "Steuerfall B", jenem der Frau unterschieden. Dass der Mann unter A firmiert, obwohl sein Anfangsbuchstabe "M" im Alphabet bekanntlich nach "F" wie Frau kommt, ist symptomatisch. "Das Steuerrecht stammt in vielen Teilen aus dem vorigen Jahrhundert und zementiert die Ungleichverteilung zwischen den Geschlechtern", sagt Bayaz. Auch hier könnte helfen: mehr Empathie.

© SZ vom 25.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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