Wenn die Einspruchsfrist abgelaufen ist, lässt sich der Steuerbescheid in der Regel nicht mehr ändern. Dann liegt es häufig im Ermessen der Finanzbeamten, ob er korrigiert wird. Es gibt aber auch Situationen, in denen Sie einen Rechtsanspruch auf die Korrektur haben. Wenn Ihnen nach Ablauf der Frist ein Fehler auffällt, sollten Sie in jedem Fall die "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" beantragen, da es Ihnen nicht möglich gewesen sei, den Steuerbescheid rechtzeitig zu beanstanden. Wird diesem Antrag stattgegeben, wird so verfahren, als hätten Sie die Frist nicht versäumt. Wie bei einem normalen Einspruch ( mehr dazu hier) müssen Sie darlegen, warum Sie mit dem Steuerbescheid nicht einverstanden sind.
Ob das Finanzamt Ihnen entgegenkommt, hängt von der Schwere des Hindernisses ab, das Sie von einem rechtzeitigen Einspruch abhielt. In den folgenden Fällen aber muss die Behörde sich erneut mit Ihrer Steuererklärung befassen:
- Sie waren bis zu sechs Wochen nicht in Ihrer Wohnung. Bei längerer Abwesenheit müssen Sie dafür sorgen, dass Ihnen die Post nachgesendet wird oder jemanden bitten, Ihre Briefe entgegenzunehmen und Sie über den Inhalt zu informieren.
- Sie sind älter als 75 Jahre und durch ihr hohes Alter behindert.
- Sie sind plötzlich schwer erkrankt.
- Sie hatten einen schweren Unfall.
- Sie wurden durch einen Fall von höherer Gewalt daran gehindert, sich mit Ihrem Steuerbescheid zu befassen. Das trifft zum Beispiel zu, wenn durch eine Naturkatastrophe die Wohnung voll Wasser gelaufen ist.
Wenn Ihr Hinderungsgrund weniger dramatisch war, können Sie die "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" natürlich trotzdem beantragen.
In jedem Fall müssen Sie die Umstände, die Sie von der Prüfung Ihres Steuerbescheids abhielten, in der Begründung des Antrags glaubhaft machen. Wichtig ist, dass Sie sich innerhalb von einem Monat um den Steuerbescheid kümmern, wenn der Hinderungsgrund entfällt, das heißt, wenn Sie etwa aus dem Urlaub zurückgekommen sind oder sich ihr Gesundheitszustand gebessert hat. Den Paragraphen §110 der Abgabeordnung, auf den Sie sich in Ihrem Antrag beziehen können, finden Sie hier. Auch hier gilt: Wenn Eile geboten ist, können Sie die Begründung später nachreichen.
Weist das Finanzamt Ihren Einspruch zurück, können Sie vor dem Finanzgericht klagen. Die Prozessvertretung durch einen Steuerberater oder Anwalt ist dabei nicht vorgeschrieben. Gewinnen Sie vor Gericht, trägt das Finanzamt die Kosten. Verlieren Sie, müssen Sie nur Ihre eigenen Gerichtskosten wie Gebühren und Auslagen zahlen, nicht aber die Kosten des Finanzamts. Beim Finanzgericht kann ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt werden. Wird Ihnen diese Hilfe gewährt, hat Ihre Klage meistens auch Aussicht auf Erfolg. Wenn Sie selbst kein Steuerprofi sind und auch niemanden in Ihrem Bekanntenkreis haben, dem Sie in dieser Angelegenheit vertrauen, ist es dennoch ratsam, einen Fachmann aufzusuchen (lesen Sie dazu auch: "Wie finde ich einen guten Steuerberater?").
Tipp: Wenn Sie innerhalb der Rechtsmittelfrist keine Zeit haben, sich um den Steuerbescheid zu kümmern, legen Sie vorsorglich Einspruch ein und kündigen Sie an, die Begründung nachzureichen. Fällt Ihnen dann kein Fehler auf, können Sie den Rechtsbehelf zurückziehen. Damit sparen Sie sich den Antrag auf "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" und sind nicht auf die Gnade der Finanzbeamten angewiesen.