Steuerabzug für Rentner:"Das klappt doch auch bei den Löhnen"

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Entlastung für Senioren: Möglicherweise könnten die Alterskassen Steuern auf die Rente direkt überweisen. Doch das brächte neue Probleme mit sich.

Claus Hulverscheidt

Die Idee klingt gut - zu gut vielleicht: Damit die 20 Millionen Rentner in Deutschland ihren Lebensabend auch künftig ohne Störung durch das Finanzamt genießen können, sollen die Alterskassen anfallende Steuerzahlungen demnächst direkt an den Fiskus überweisen.

Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland (Foto: Grafik: SZ)

Das zumindest schlägt der FDP-Finanzexperte Carl-Ludwig Thiele vor, der damit ein Thema aufgreift, das in Fachkreisen heiß diskutiert wird. "Das klappt bei den Löhnen", so Thiele, "warum sollte es bei den Renten nicht auch klappen?"

Hintergrund ist, dass die Rentenbezüge bis zum Jahr 2040 Schritt für Schritt vollständig steuerpflichtig werden. Im Gegenzug stellt der Staat den Teil des Einkommens, den ein Arbeitnehmer in die Rentenkasse einzahlt, steuerfrei. Für die meisten Bürger ist die Neuregelung, die auf ein Verfassungsgerichtsurteil zurückgeht und noch unter Rot-Grün beschlossen wurde, ein gutes Geschäft, da sie im Alter mit wesentlich niedrigeren Steuersätzen konfrontiert sein werden als während des Berufslebens.

Immenser Aufwand

Dagegen wächst unter denjenigen, die heute bereits Rentner sind, die Verunsicherung, wie Thiele richtig erkannt hat. Der Grund ist einfach: In der Vergangenheit kamen nur etwa drei Millionen Rentner auf so hohe Bezüge, dass sie einen Teil davon, den Zinsgewinn, versteuern mussten.

Die übrigen 17 Millionen hatten mit dem Finanzamt nichts mehr zu tun. Daran änderte auch die 2005 in Kraft getretene rot-grüne Reform nichts, denn die Steuerbehörden hatten weiter praktisch keine Möglichkeit, die Einkommenshöhen der Rentner zu ermitteln.

Seit wenigen Wochen ist das anders: Sämtliche Rentenversicherer sind nicht mehr nur verpflichtet, sondern auch in der Lage, exakte Kontrollmitteilungen an die zuständigen Finanzämter zu verschicken - und zwar auch rückwirkend. Insgesamt kommen für die Jahre 2005 bis 2008 so 140 Millionen Mitteilungen zusammen. Säumige Zahler müssen mit Nachforderungen rechnen.

Der immense bürokratische Aufwand ist jedoch zu einem großen Teil überflüssig, denn aufgrund der hohen Freibeträge waren auch im vergangenen Jahr schätzungsweise nur etwa fünf Millionen Rentner steuerpflichtig. Betroffen waren Einzelpersonen mit einer Rente von mehr als 16800 Euro und Verheiratete mit mehr als 33.600 Euro im Jahr.

Neue Fragen

Entsprechend logisch klingt Thieles Vorschlag, das Gros der Ruheständler doch bitteschön in Ruhe zu lassen und überdurchschnittlich hohe Bezüge automatisch an der Quelle zu besteuern. "Das entlastet Rentner, Finanzämter und Rentenversicherung", so Thiele im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

Wie so oft wirft die vermeintliche Lösung des Problems aber umgehend neue Fragen auf. So würde zwar die Flut der Kontrollmitteilungen entfallen, zugleich müssten die Rentenversicherer jedoch von allen Ruheständlern laufend persönliche Daten wie den Familienstand und den Grad einer etwaigen Behinderung erheben, da diese Einfluss auf die Steuerfreibeträge und damit auf die Überweisung an das Finanzamt hätten.

Zugleich bestünde die Gefahr, dass Rentner zu viel bezahlten, weil sie steuerlich abzugsfähige Kosten - etwa für die Krankenbehandlung - nicht geltend machten. Und drittens schließlich würden zusätzliche steuerpflichtige Einnahmen - etwa aus Vermietung und Verpachtung - nicht erfasst. Das alles erahnt mittlerweile auch Carl-Ludwig Thiele. "Was die Details meines Vorschlags anbelangt", so sagt er, "gibt es noch Beratungsbedarf."

© SZ vom 04.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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