Sparkassen:Rettung über Gebühr

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Erst durch eine Kündigungswelle der Sparkassen kam heraus, dass diese wohl häufig zu niedrige Zinsen gezahlt haben. (Foto: Daniel Naupold/dpa)

Ob fürs Girokonto oder die Kreditkarte: Landauf, landab haben die Sparkassen 2017 die Preise erhöht. Die Institute verdienen prächtig, die Kunden nehmen es bislang hin.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Von "Gebühren" möchte Helmut Schleweis am liebsten gar nicht sprechen. Es gehe doch vielmehr um "Preise", sagte der neue Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) am Mittwoch auf der Jahrespressekonferenz der kommunalen Institute. Und diese Preise, die bildeten sich eben "marktwirtschaftlich", so Schleweis. Das gelte fürs Girokonto ebenso wie für Kreditkarten oder das Bargeldabheben am Automaten.

Wie auch immer man diese - für Kunden wohl eher ärgerliche Sache - nennt: Fest steht, dass die Sparkassen mit Gebührenerhöhungen schon lange nicht mehr so viel verdient haben wie 2017. Und fest steht auch, dass viele Kunden die Preiserhöhungen bislang offenbar geduldig hinnehmen. Zugleich ließen sie sich von den Sparkassen (angesichts Nullzinsen fürs klassische Sparbuch) so viele Wertpapierfonds verkaufen wie seit 2008 nicht mehr.

Beides zusammen führte zu einem enormen Plus von 8,4 Prozent auf 7,8 Milliarden Euro beim Provisionsüberschuss. Die Ertragseinbußen in Folge der Niedrigzinsen konnten die Institute damit ziemlich genau ausgleichen. Mit einem Minus von 2,9 Prozent ging der Zinsüberschuss, der wichtigste Ertragsbringer, zudem nur moderat zurück. Nach Steuern und Dotierung der Vorsorgereserven blieb den 386 deutschen Sparkassen vom Schwarzwald bis an die Ostsee ein Jahresergebnis von 2,2 Milliarden Euro (7,4 Prozent mehr als 2016).

Das wirkt umso mehr, wenn man es mit dem eher mickrigen Gewinn der Commerzbank (Konzernergebnis rund 160 Millionen Euro) oder der Deutschen Bank (schon wieder Verlust) vergleicht. Und wenn man bedenkt, wie lautstark die Sparkassen in den vergangenen Jahren über die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank geschimpft haben, die sie angeblich an den Rand des Abgrunds führen würde.

Weitere große Preissteigerungen werden die Kunden wohl nicht mehr akzeptieren

Von Abgrund kann vorerst keine Rede sein: Die Strategie, mal das Girokonto um 2,90 Euro zu verteuern, mal eine Kartengebühr von 35 Euro einzuführen, scheint bislang aufzugehen. "Kunden sollte das Girokonto mindestens so viel wert sein wie ein Netflix-Abonnement", sagt Schleweis. Die Zahl der Kunden mit Hausbankbeziehung sei zumindest stabil geblieben.

Das liegt freilich auch daran, dass viele Volksbanken und Privatbanken den gleichen Weg gehen und nur noch wenige Institute ein kostenloses Girokonto anbieten. Außerdem spielt ihnen in die Hände, dass Verbraucher zwar beim Tagesgeld oder der Baufinanzierung die Konditionen vergleichen, beim Girokonto aber die Mehrheit der Deutschen der Hausbank die Treue hält - trotz neuer Kontowechselservices. Früher hingegen verdienten die Institute allein deshalb Geld, weil sie das Kundenguthaben auf dem Girokonto verzinst in Staatsanleihen anlegten. Heute wirft das nichts mehr ab. Wenn sie überschüssige Spargelder bei der Zentralbank parken, zahlen sie außerdem 0,4 Prozent Strafzins.

Werden die Kunden weitere Gebührenerhöhungen akzeptieren? Schleweis ist da skeptisch. Das Provisionsergebnis werde sich künftig nicht im gleichen Maße steigern lassen. "Die meisten Kunden haben ein gutes Gespür für ein angemessenes Verhältnis von Preis und Leistung", sagt er. Weil aber auch der Zinsüberschuss weiter sinken werde, rechnet er für 2018 mit einem sinkenden operativen Ergebnis.

Was aber tun, wenn man sich nicht mehr im gleichen Maße bei den Gebühren bedienen kann? Die Sparkassen müssten, sagt Schleweis, das Kreditgeschäft "mit Augenmaß" ausweiten und "wo immer noch möglich die Kosten senken". Das wird sich auch bei den Filialen bemerkbar machen: Mit rund 9900 Zweigstellen verfügen die Sparkassen zwar nach wie vor über das dichteste Niederlassungsnetz aller Banken in Deutschland. 2017 machten sie mit rund 770 Zweigstellen im Branchenvergleich aber auch überdurchschnittlich viele Filialen dicht. Schleweis, der bis Ende vergangenes Jahr Chef der Sparkasse Heidelberg war, bezeichnete sich selbst als "Fan" von Filialen. Die Gruppe habe daher keine Pläne, sich "systematisch aus dem ländlichen Raum zurückzuziehen". Ob aber weiter derart viele Niederlassungen geschlossen werden müssten, hinge allein vom Verhalten der Kunden ab.

Weil die Kunden ihre Bankgeschäfte schließlich immer häufiger im Internet erledigen, wollen die Sparkassen auch hier etwas bieten. So soll das Angebot "Kwitt" für das Geldsenden von Handy zu Handy für Kunden anderer Kreditinstitute geöffnet werden. Auch Yomo, eine Smartphone-Konto für junge Leute, werde weiter entwickelt. Das Projekt, das zuletzt eher schleppend vorankam, soll nun im Herbst flächendeckend zum Einsatz kommen.

Übrigens: Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Yomo-App sogar kostenlos sein. Mit Blick auf Gebühren sind junge Kunden bekanntlich weniger geduldig.

© SZ vom 08.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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