Sparkassen:Geh doch rüber

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Filial-Schließung: Bürgermeister rät Kunden, die Bank zu wechseln.

Von Harald Freiberger, München

Die Wellen schlagen hoch in Alteglofsheim, einer Gemeinde südöstlich von Regensburg. Bürgermeister Herbert Heidingsfelder von den Freien Wählern ist verärgert über den Plan der Sparkasse Regensburg, die Filiale vor Ort zu schließen. Sollte es dabei bleiben, empfiehlt er den Kunden, zur Konkurrenz von der Raiffeisenbank zu wechseln. Das ist ein Eklat, da die Sparkassen als öffentlich-rechtliche Institute den Kommunen gehören; in ihren Aufsichtsgremien sitzt in der Regel der Bürgermeister. Heidingsfelders Empfehlung ist etwa so, also würde der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank seinen Kunden raten, zur Commerzbank zu wechseln.

Regensburg ist ein extremes Beispiel, aber es steht für die Schwierigkeiten von Regionalbanken in ganz Deutschland in Zeiten niedriger Zinsen und digitaler Konkurrenz. Die Sparkasse Regensburg will 17 ihrer 49 Filialen schließen, ein Drittel. Gerade bei Sparkassen in Bayern häuften sich in den vergangenen Monaten solche Ankündigungen: bei der Kreissparkasse München fallen 20 von 75 Filialen weg, in Aichach-Schrobenhausen sechs von 23, in Günzburg-Krumbach vier von 21.

Bayerns Sparkassenpräsident Ulrich Netzer zog am Mittwoch Zwischenbilanz: Etwa 100 Schließungen von Filialen seien jüngst angekündigt worden. Insgesamt verfügen die Sparkassen noch über ein Netz von gut 2200 Zweigstellen. Bis Jahresende könnten "acht bis zehn Prozent" zugemacht werden, das entspräche bis zu 200 Filialen. Im vergangenen Jahr waren es 81.

Der Trend ist schon seit Jahrzehnten festzustellen. Netzer führte an, das Zweigstellen-Netz aller Institute in Deutschland habe sich seit 1995 halbiert. Die Sparkassen stünden da mit einer Verringerung um ein Viertel vergleichsweise gut da. Doch nun scheint sich der Trend zu beschleunigen. Der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken berichtete am Mittwoch, die Zahl der Filialen sei 2015 um 510 auf 12 260 geschrumpft, ein Rückgang um vier Prozent.

Ein Kunde macht 108-mal im Jahr Online-Banking - aber er kommt nur noch einmal in die Filiale

Wichtigster Grund dafür ist der Trend zum Computer-Banking: Ein Sparkassenkunde in Bayern macht im Jahr durchschnittlich 108 Geschäfte online, aber er kommt nur noch einmal in die Filiale. "Man braucht nicht glauben, dass Geschäftsstellen zugemacht werden, wo die Kunden Schlange stehen", sagt Landesobmann Walter Strohmaier, Chef der Sparkasse Niederbayern-Mitte. Geschlossen werde dort, "wo schon lange kein Kunde mehr drin war".

Auch die niedrigen Zinsen erschweren den Banken vor Ort jedes Jahr das Geschäft mehr. Bei Bayerns Sparkassen fiel das Ergebnis 2015 um sechs Prozent auf 317 Millionen Euro, bei den Volks- und Raiffeisenbanken im Bund um 0,8 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Das ist noch nicht dramatisch, doch erwarten die Institute, dass der Zinsüberschuss, der Haupt-Gewinnbringer, bis 2020 um gut ein Viertel einbricht.

Wie sich die Schließung der Filialen auf die Zahl der Mitarbeiter auswirkt, wollen Bayerns Sparkassen nicht beziffern. Man dürfe es nicht eins zu eins übersetzen, manchmal würden auch alle Beschäftigten übernommen. Aber klar ist auch: Der Druck auf Filialen und Mitarbeiter wird sich in den nächsten Jahren eher noch verschärfen.

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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